Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Trias Theater: „Mein Kampf“
Foto: Ralf Nattermann

Das entzauberte Böse

26. April 2018

Taboris „Mein Kampf“ in Dortmund – das Besondere 05/18

Satire will einen Missstand anprangern, ihn der Lächerlichkeit preisgeben und so seiner Macht berauben. Aber dürfen wir auch über einen Massenmörder wie Adolf Hitler lachen? Schon manche seiner Zeitgenossen nutzten die Waffen Humor und Spott gegen ihn. Denken wir nur an Charlie Chaplins „Der große Diktator“ oder Ernst Lubitschs „Sein oder Nichtsein“. In der Kunst gab es seitdem viele Versuche, das personifizierte Böse zu entmystifizieren. Monty Python nahmen sich Hitler vor, Mel Brooks rappte ihn und ließ Nazis in einem Broadway-Musical tanzen. In Deutschland arbeiteten sich Ulli Lommel und Christoph Schlingensief, später Helge Schneider in Dani Levys „Mein Führer“ an der Unperson Hitler ab. Bei Walter Moers badete „die Nazisau“ im „Bonker“ mit Quietsche-Entchen.

Auch der 1914 in Ungarn geborene Drehbuchautor, Schriftsteller und inoffizielle Theaterkönig George Tabori erzählt in seinem Stück „Mein Kampf“ (Uraufführung 1987 in Wien) alles andere als bierernst und faktentreu von Hitlers Genese vom Mensch zum Monster. Tabori, dessen Vater 1944 in Auschwitz ermordet wurde, war selbst Jude. Er überlebte den Zweiten Weltkrieg in London, ging dann für einige Jahre in die USA und lebte von 1971 an dauerhaft in Deutschland, wo er 2007 verstarb. Das Stück spielt um 1910 in einem Wiener Männerasyl, wo der erfolglose Adolf auf die Juden Schlomo Herzl und den Koch Lobkowitz trifft und sich mit Herzl anfreundet. Als Adolf das Studium an der Kunstakademie verwehrt wird, tröstet ihn Herzl und hilft seinem Freund wieder auf die Beine. Er ermutigt ihn dazu, in die Politik zu gehen und bereitet Hitler arglos auf seine Karriere als Diktator vor.

Das Gelsenkirchener Trias Theater Ruhr inszeniert nun in einem Gastspiel am Theater im Depot Taboris „theologischen Schwank“, so der Autor über sein Stück. Tabori selbst soll derbe, schlechte Witze gemocht haben, solange sie an der richtigen Stelle weh taten. Auf die eingangs gestellte Frage, ob wir über Hitler lachen dürfen, würde er vermutlich erwidern: Wir dürfen nicht nur, wir müssen es sogar.

Gastspiel Trias Theater Ruhr: „Mein Kampf“ | R: Tatjana Sarazhynska | So 27.5. 18 Uhr | Theater im Depot Dortmund | www.depotdortmund.de

Maxi Braun

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Jenseits von Stereotypen
„We Love 2 Raqs“ in Dortmund – Tanz an der Ruhr 09/24

„Das Stück zur Stunde“
Jens Dornheim inszeniert in Dortmund „Der Reichsbürger“ – Premiere 11/20

Erschreckende Menschlichkeit
„Blutmond“ von artscenico performing arts in Dortmund – Bühne 09/20

Das Glück der Erwerbstätigkeit
Das 35. Theaterfestival Favoriten in Dortmund – Prolog 07/20

Pädagogisch wertvoll
„Shockheaded Peter“ im Theater im Depot – das Besondere 02/19

Monströse Macht Mettigel
„Die Räuber.Live“ in Dortmund – Theater Ruhr 02/19

Im Dreieck wird geschwindelt
„Der Weibsteufel“ in Dortmund und Essen – Theater Ruhr 12/18

„Wir mussten uns mit jeder Produktion neu erfinden“
Jens Dornheim und „Der Weibsteufel“ in Dortmund – Premiere 10/18

Deutschland mal zehn
„Deutschland Shorts“ bringt 10 Mini-Stücke im Depot und an der Rottstraße auf die Bühne – Theater 11/17

Hamlet in der Mausefalle
„Hamlet“-Parcours im Dortmunder Depot – Theater Ruhr 11/17

Die Einsamkeit wegtanzen
„Place to be: Shared“ am 5.3. im Theater im Depot, Dortmund – Bühne 03/17

Ein Ort zum Verweilen
„Place to be: Shared“ am 5.3. im Depot Dortmund – Theater Ruhr 03/17

Bühne.

Hier erscheint die Aufforderung!