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Foto: Birgit Hupfeld

Die Erfindung des Traums

01. Juli 2010

Der Prinz von Homburg im Prinz Regent Theater - Theater Ruhr 07/10

Heldentum, Narzissmus, Allüren. Alles Dinge, die heute längst vermarktet werden. Dinge, die Superstars kreieren, die Massen zum Kreischen bringen. In einer Armee haben diese Attribute nichts verloren, auch wenn der Prinz von Homburg ihnen noch vor der historischen Schlacht bei Fehrbellin huldigt. Der Protagonist in Kleists letztem Stück versucht, das Spannungsverhältnis zwischen Pflicht und Gefühl, zwischen Staatsgewalt und den eigenen Gesetzen der Jugend auszuhalten. Doch daraus wird bekanntlich nichts. Kleist verortet das Prinzip der Subordination.

„Du hast gesiegt, doch war‘s dir nicht befohlen“, auch Bertolt Brecht war ein Fan des Dramas um den jungen Landgrafensohn, das Sibylle Broll-Pape jetzt im Prinz Regent Theater in Bochum inszenierte. Mit fünf überzeugenden Schauspielern, einem Videobühnenbild und ein paar wenigen Requisiten. Vier der Akteure stellen dabei eine ziemlich zeitlose Heerschar dar, ihre Uniformen stammen eher aus dem Golfkrieg als aus der Auseinandersetzung mit den Schweden 1675. Das ist ein schöner Schachzug, denn das hehre Heldentum scheint einer Renaissance entgegenzugehen. Doch erst einmal muss der junge Prinz im Garten schlafwandeln, seine Prinzessin finden, den ganz großen Ruhm spüren, um dann am nächsten Morgen bei der taktischen Schlachtbesprechung die Hälfte nicht mitzukriegen. Dann muss er noch en passant den Sieg erringen, obwohl er befehlswidrig handelt. The winner takes it all. Gepfiffen. Der Kurfürst setzt das Kriegsgericht an. Liebe hin oder her. Subordination kann sich eine preußische Armee eben nicht leisten. Und der junge Prinz ist eben auch Wiederholungstäter. Der heult ziemlich schnell um sein Leben, will den Verlust seines Status‘ nicht akzeptieren, erst als er selbst über sein Leben bestimmen darf, kehrt er zu alten Werten zurück – und wird wieder ein Held. Am Ende soll alles nur ein Traum im Garten gewesen sein. Heinrich von Kleists Überlegungen zwischen Gehorsam und Liebe, zwischen Befehl und Humanität kamen erst nach seinem Tod auf die Bühne.

Broll-Pape zitiert den alten Geist der Prinzipen gekonnt über die großflächige Videoprojektion (Sebastian Pircher), die aus mehreren Beamern Bilder, Stimmungen oder historische Verweise über die ganze Bühne legen. Selbst die offenen Kostümwechsel von Doris Plenert, die zwischen Prinzessin Natalie von Oranien und Rittmeister von der Golz hin und her pendelt, haben Flair.


PETER ORTMANN

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