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Anton mit seinem Kollegen in der Badewanne, die zum Schrotthändler soll.
Foto: Filmwoche Duisburg

Dokumentarfilm attraktiv machen

09. November 2012

Bei der Duisburger Filmwoche waren Jugendliche und Kinder das Thema - Festival 11/12

Forever Young, I wanne be forever young. Von wegen. Kindheit und Jugend ist auch kein Zuckerschlecken mehr, so ein erster Eindruck am vierten Tag der Duisburger Filmwoche. Dort war beides häufig Gegenstand in Filmen und Diskussionen, was nicht zuletzt an der Podiumsdiskussion „Junge Helden: Praxis und Perspektiven ‚jungen’ Dokumentarfernsehens“ lag.

Jugend+Fernsehen= War gestern

Man war sich darin schnell einig: Das Fernsehen bräuchte mehr jugendadäquate Dokumentarfilmformate. Aber wie soll man die „Kids“ adressieren? Auch wenn die öffentlich-rechtlichen Sender einen qualitativen Kontrapunkt zu den scripted-Reality- Produkten der Privatsender-Konkurrenz legen möchten, so muss diese schwer fassbare Zielgruppe (Moderatorin Aycha Riffi sprach von 14- bis 29-Jährigen) erst an das neue Angebot – das bis heute de facto nicht vorhanden ist – herangeführt werden. Radiojournalistin Petra Erdmann vom österreichischen Rundfunk (ORF) stellte da bereits warnend die Frage in den Raum, ob junge Zuschauer pädagogisch mündig gemacht werden müssten, um sich einen Dokumentarfilm anzuschauen.

Einen Schritt weiter ging Filmemacher Stanislaw Mucha. „Wie kriegt man Kinder vor den Fernseher“? war seine Frage. Dies dürfte auch die Öffentlich-Rechtlichen in Unruhe stürzen. Ein Produkt wie der Jugenddokumentarfilm drohe zwischen Zapping-Routine und social Network-Apparaten unterzugehen. Eine Alternative ziehen die Sender 3sat und ZDF-Kultur. Sie wollen für das Jugendformat zukünftig einen digitalen Sendeplatz einrichten, verriet Filmredakteruin Katya Mader.

Die raue Seite des Ostens

Im Kino war man aber auch. Dort präsentierte Stanislaw Mucha seinen Film „Happy End“, den letzten Teil in seiner Reihe „Fremde Kinder“. Sein Protagonist, ein neunjähriger Junge aus der Ukraine, verdient sich ein wenig Geld mit dem Verkauf von Altmetall und Schrott. Mucha begleitet ihn beim Eisangeln mit dem Sozialarbeiter, in der ein-Zimmer-Wohnung mit seiner traurigen Mutter, seiner Schwester – bis zu den Kontakten zum Vater, der hin und wieder nur am Handy anwesend ist. „Happy End“ ist mit Blick auf den Film ein fast schon sarkastischer Titel, denn Andrij kommt ins Heim, wie seine Schwester auch. Die Familie ist hoffnungslos verschuldet.

Soviel gibt es auf der Leinwand. In der anschließenden Diskussion erklärt Mucha, dass die ukrainische Regierung vor der Europameisterschaft 2012 zuerst die streunenden Hunde vom Stadtbild Kiews entfernte. Das war im Sommer. Im Winter wurden dann umherlaufende Kinder wie Andrij entfernt. Sozialarbeiter haben sogar Prämien ausgehändigt bekommen für jedes Kind, dass sie an ein Heim „vermittelten“. Warum er solche Informationen außen vor ließe, wurde Mucha daraufhin aus dem Publikum gefragt. Für ihn käme es nicht darauf an, wie viel in den Film rein muss, sondern wie viel man raus lassen kann, ohne dass der Film aufhört, zu funktionieren. Nicht alle Zuschauer teilten diese pragmatische Auffassung.

Zurück in die Stadt seiner Jugend ging Regisseur Dariusz Kowalski. Der Pole verfolgt in seinem Film „Richtung Nowa Huta“ die Spuren der einstigen kommunistischen Vorzeigestadt. Dezent und in Weitaufnahmen porträtiert er das Leben von jungen und alten Einwohnern, deren Lebensraum oft einer urbanen Archäologiestätte gleicht. Bis zum Schluss sind seine Bildräume von einer historischen Trägheit gezeichnet. Erst dann setzt er sein Found-Footage ein – der Film endet und beginnt von vorn, im Kopf des Zuschauers.

Es ist ein wenig wie mit der eigenen Jugend, die sich jeder immer wieder neu erzählen muss.

Weitere Filme, die am Donnerstag im Programm liefen:

„Schildkrötenwut“ von Pary El-Qalqili

„Kern“ von Veronika Franz und Severin Fiala

„Am Ende aller Tage“ von Irina Heckmann

„Heidis Land – Eine Reise“ von Susanne Quester

Duisburger Filmwoche I noch bis So 11.11. 2012 I Filmforum Duisburg I www.duisburger-filmwoche.de

DAWID KASPROWICZ

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