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Argan (W. Boelzle, m.) wird „behandelt“
Foto: Ursula Kaufmann

Ein lustiger Einlauf

26. Mai 2011

Molières „Der eingebildete Kranke“ - Theater Ruhr 06/11

Was macht ein kleines Theater, wenn es keine Drehbühne hat. Es lässt die Schauspieler ackern. Wie zu Zeiten eines Jean-Baptiste Poquelin (1622-1673), der als junger Schauspieler sein Ensemble auf Karren durch französische Landschaften trieb und dabei sicher auch dem einen oder anderen Quacksalber begegnete. Irgendwann nannte er sich der Sohn reicher Eltern Molière, schrieb Stücke. Sein letztes, „Der eingebildete Kranke“ ist im Bochumer Prinz Regent Theater zu sehen und deckt dort auch den Bereich des gehobenen Boulevards ab. Das soll kein Manko sein, die Schauspieltruppe dreht bähend den Krankenvorhang immer rund herum, wechselt so von Hypochonder Argans Sessellager, dem einzigen Möbelstück auf der großartig kargen Bühne, an die anderen Schauplätze der Komödie. Der reiche Kranke ist von Schmarotzern umgeben, die seine Furcht vor Siechtum ausnutzen, darunter Ärzte, Apotheker, selbst die zweite Gattin. Doch ihn interessieren nur Klistiere und Rezepte. Wolfram Boelzle als Argan fuhrwerkt herum, schwenkt Tücher und eklige Schale, kann sich zwischen Boshaftigkeit und Jammerei kaum entscheiden. Aber er hat den Bezug zum Mammon nicht verloren, will seine Tochter Angélique zwingen, den tumben Sohn des Scharlatans, der vorgibt Arzt zu sein, zu heiraten, um Behandlungskosten zu sparen. Das alles plätschert so zwischen etwas Klamauk, etwas Sozialkritik gemischt mit Klamotte und Slapstick dahin. Irgendwie kann man sich dafür auch nicht entscheiden, wenn man feststellt, wie wenig sich Ärztebild und ihre Geschäftspraktiken bis heute nicht geändert haben. „Der eingebildete Kranke“ müsste da eigentlich ein Trauerspiel sein. Aber es gibt ja noch die Liebesgeschichte zwischen Angélique und Cléante.

Ein wahrscheinlich zeitloses Stück, dem die Regie vorsätzlich einen Subtext versagt, das dadurch zwar leicht verdaulich, aber nicht unansehnlich wurde, auch wegen seiner mitziehenden Schauspieler, die in kein Korsett gezwängt wurden. Theater muss ja nicht immer nur die Symptome deklamieren, kann ja auch mal als Gehirnklistier wirken.

„Der eingebildete Kranke“ von Molière I R: Sibylle Broll-Pape I Prinz Regent Theater Bochum I Fr 10.6., Sa 11.6. je 20 Uhr, So 12.6. 19 Uhr I 0234 77 11 17

PETER ORTMANN

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