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"heimat unter erde"
Birgit Hupfeld

Ein pechschwarzer Ort

25. Februar 2011

"heimat unter erde": Heimatkunde für Ruhries - Theater Ruhr 03/11

Als die jungen Rapper aus der Nordstadt zu Beginn von ihrem Stadtteil sangen, konnte noch niemand wissen, dass die Dortmunder Tiefenbohrung „Heimat unter Erde“ ihre eigentlichen Reize doch eher in der Vergangenheitsbewältigung suchte. Wenn erst einmal die drei ehemaligen Steiger der Zeche von der „guten, alten“ Zechenzeit berichten, dann ist die letzte Spur vom Strukturwandel verweht, Nostalgie treibt Freudentränen in die Augen, dass Migration und die heutigen Probleme mit der vierten Gastarbeitergeneration erst durch ein Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei vor 50 Jahren angekurbelt wurden – das bleibt Ursache, hat aber für den Reigen auf der Bühne keine unmittelbare Wirkung.

Regisseur Stefan Nolte hat am Theater Dortmund zur bebilderten Heimatkunde geladen. Das theatralische Rückgrat hingegen liefert Hugo von Hofmannsthal mit dramatischen Textpassagen aus „Das Bergwerk zu Falun“. Immenser Arbeitskräftemangel in den deutschen 1960er Jahren trieb die jungen Türken ins Ruhrgebiet, hier gab es Ausbildung, Brot und Job und natürlich auch Mädchen. Ali Baykurt, gespielt vom jungen Schauspieler Orhan Müstak kam aus Anatolien nach Dortmund. Er wird 1964 Berglehrling in Dortmund und lernt bei seiner ersten Begegnung mit der fremden Kultur gleich Anna (Caroline Hanke), die Tochter des Betriebsführers, kennen. Sie verlieben sich und diese Liebe zieht sich wie ein roter Faden durch die Plattformen der Inszenierung, in der neben Rap auch der Bergmannschor „Harmonie“ der Zeche Victoria seinen Platz findet.

Im Auf und Ab der Bühnenmotorik, zwischen Über- und Unterwelt treibt auch der einst verschüttete Berggeist Maciek (Ekkehard Freye) die Sozialisierung der neuen Kumpel voran. Die Motive aus Hofmannsthals Bergbaudrama werden geschickt mit echten Biografien verknüpft. Hölzern und ziemlich nervös erzählt Arif Sarıkaya seine Geschichte am Mikrophon. Zusammen mit seinen alten Kumpeln Peter Thill und Max Rehfeld sorgen sie für eine Authentizität, der man sich kaum entziehen kann. Arif ist im Prinzip Ali, Arif heiratet in Deutschland, Ari schafft es bis zum Steiger und bleibt in Deutschland. Seine Enkel werden am Ende noch einmal von diesem goldenen Ort rappen: „Hier fühl ich mich zu Haus, auch wenn ich nur ein Fremder bin“

Peter Ortmann

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