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Das Trio infernale © U. Stratmann

Ein rachsüchtiger Cyborg

01. Juni 2013

„Der Besuch der alten Dame“ in Wuppertal – Theater Ruhr 06/13

In einem real existierenden Tunnel inszeniert Sybille Fabian in der Wuppertaler Oper Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. „In der Unübersichtlichkeit der modernen Welt wird Schuld verwischt und abgeschoben, der Moderne kommt nur die Groteske bei“, so der Schriftsteller 1966. Wer sich also in Wuppertal mal einen tragikomischen Abend auf Schweizer Art gönnen will, der schlittert in Fabians Inszenierung in ein vehement mimisches Spiel auf farbloser Bühne, auf der sich gar grausige Szenen abspielen. Hinten kein gähnendes schwarzes Loch, sondern ein erdiger Haufen – niemand weiß, ob es Abraum für eine einst geplante U-Bahn oder die Relikte einstiger industrieller Bedeutsamkeiten sind. Vorne die Stadt Güllen, Ort der Handlung und am Ende. Der Mammon hat sie fallengelassen und so stürzen die Bewohner nun erst Recht auf ihn zu. Konkret heißt das auf Claire Zachanassian (gespielt von An Kuohn), die vom Leben gebeutelte Ex-Geliebte des bankrotten Kaufmanns Ill. Von der Dirne wurde sie zur Millionärin und will nun die Last ihres Geldbeutels fröhlich auf ein ganzes Dorf verteilen– mit bösen Hintergedanken.

Die Schuld von ganz Güllen liegt bestens unter dem erdigen Haufen ganz hinten im Tunnel begraben. Langsam kriechen die Güllener Bewohner bei Ankunft Zachanassians wie Larven daraus hervor, beklagen ihr finanzielles Unheil und ihre unverschuldete Bedeutungslosigkeit. Ein abgeordnetes Trio infernale aus Ill, Bürgermeister und dem unheiligen Pastor bespricht die geschickteste Umgangsweise mit dem potenten Gast. Schon hier kehren die Protagonisten ihr bankrottes Inneres nach außen: Viel Kleidung ist ihnen nicht geblieben, das letzte Hemd fungiert als Uniform. Das Schuhwerk mühsam am Gürtel befestigt schlurfen die einst so mächtigen dahin. Selbst die Gesichtszüge haben sich wie die Überland-Loks mit großen Namen verflüchtigt und Grimassen Platz gemacht, die nackte Gier zeigen.

Fabian choreografiert ihre großartigen Schauspieler 140 Minuten durch den Tunnel. Alles siecht und An Kuohn ist als Claire Zachanassian ein boshafter, rachesüchtiger Cyborg. Ihre zahllosen Prothesen werden nur von ihrem Hass gegen den kommunalen Hoffnungsträger Ill zusammgehalten, der sie einst schwanger sitzen ließ.

Der Besuch der alten Dame, Sa. 1.6., 19:30 Uhr, Opernhaus Wuppertal, Infos: 0202-5 63 76 66

PETER ORTMANN

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