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Thoas (A. Wobig) will Iphigenie (S.Schmidt) zur Frau
Volker Beushausen

Endzeit auf Tauris

29. April 2011

Goethes Iphigenie in Castrop-Rauxel - Theater Ruhr 05/11

Eigentlich geht es Iphigenie gut, doch sie will einfach nur weg. Ausgerechnet zurück nach Griechenland zu Familie und dem Fluch den die Götter ihrer Sippe auferlegt haben, weil irgend so ein Halbgott im Stammbaum mal seinen Sohn für die Göttermahlzeit frisch zubereitet hat, weil er deren Allwissenheit testen wollte. Aber das erfährt der Zuschauer an der Westfälischen Landesbühne in Castrop-Rauxel erst gar nicht. Ralf Ebeling, Künstlerischer Direktor und jetzt zum ersten Mal als Regisseur, hat Johann Wolfgang Goethes Versdrama schlicht halbiert, kurz und knackig, schnell konsumierbar auch für die Abiturjugend in der NRW-Theaterperipherie. Das Schlüsselstück des klassischen Humanismus wurde dazu noch merkwürdig aufgepeppt. Eine digitale Schrifttafel liefert die Merksätze des Stücks, man wandert in schusssicheren Westen und mit Kalaschnikows umher, am Strand der Krim (Tauris) schwimmen Pontons aus Plastikfässern, das Standbild der Göttin Diana eher lieblos auf einer Ölfass-Stele. Ein bisschen Endzeitstimmung also im Reich des König Thoas. Ein Bühnenbild zur 80 Minuten-Dekonstruktion?

Mitnichten. Iphigenie ist keine starke Frau, Thoas kein wilder Mann. Selbst Orest und Pylades kommen immerhin mit Schwimmwesten an den Strand von Tauris um Diana vom Ölfass zu mopsen. Die Tochter des Agamemnon, gespielt von der blutjungen Sophie Schmidt, ist davon nicht begeistert, gerade erst hat ihr der König einen Heiratsantrag gemacht, den sie aber ablehnen muss, weil er ihr eine Rückkehr nach Griechenland unmöglich machen würde. Jetzt soll sie die beiden Gefangenen, einer ist auch noch ihr Bruder, auf dem Altar opfern, quasi als Strafaktion. Iphigenie hüpft über die Planken der Inszenierung, wirft ihre Unschuld dem militärischen Gehabe entgegen und schafft es tatsächlich, den großen König so zu becircen. Irgendwie reduziert sich die Auseinandersetzung auf die redegewandten Griechen gegen bewaffnete Barbaren. Dazwischen die reine Jungfer. Das Ende ist bekannt, die Griechen ziehen von dannen, ob sie noch einen Öllieferungsvertrag mitnehmen, wird in dieser Inszenierung nicht verraten.

„Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang Goethe I R: Ralf Ebeling I Aula des Gymnasiums Wilnsdorf I Di 10.5., 15 Uhr I 02305 97 80 20

PETER ORTMANN

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