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Parzival (A. Thomser) und Liase (V.Bachfischer)
Diane Küster

Erste Rüstung aus Lumpen

04. April 2011

„Parzival“ in den Bochumer Kammerspielen - Theater Ruhr 04/11

Parzival trifft keine Schuld. Der spätere Ritter und Retter lebt noch mega-behütet bei seiner Mama Herzeloyde im Wald. Ritterspiele, Turniere und rohes Minnespiel sind gerade en vogue am Hofe von Artus und seinen Recken. Was liegt also näher als die Studenten der Folkwang Universität der Künste die „Parzival“-Fassung des Schweizer Autors Lukas Bärfuss studieren zu lassen. Inszeniert hat das Jugendspektakel Martina von Boxberg mit acht von ihnen in den Kammerspielen des Schauspielhauses Bochum. Mehrfachbesetzungen geben dabei viel Raum und Zeit auf der Bühne, die auch zum Kostümwechsel nicht verlassen wird.

„Ich hab‘ getan, was man mir auftrug“. Ausreden findet der junge Held ständig, von endlosen Fragen begleitet, nervt er die Adeligen, quält und küsst die Frauen, erschlägt den roten Ritter, findet den Gral und verliert ihn auch wieder. Es ist eine Transformation eines gemachten Tölpels zum Mörder, zum gefühllosen Herrscher, bis er dem Ruhm entsagt und sich selbst findet. Endlich durch Mitleid wissend, ist der reine Tor am Ziel und hat nebenbei auch noch gelernt, mit einem Löffel zu essen. Ob das noch hilft, lässt von Boxberg bei ihrer Inszenierung offen.

Überaus spielfreudig gehen alle acht Eleven an die Sache ran. Adrian Thomser als Parzival hat seine besten Szenen, wenn er noch mit Kissenbezug und Stecken als Rüstung und Waffe loszieht, mit wirren Verhaltensmaßregeln im Kopf und dumm wie Brot. Auch Veronika Bachfischer überzeugt in ihren vier unterschiedlichen Rollen, die neben dem Kleiderchaos auch viel Konzentration auf besondere Charaktere fordern. Der Belgier Roderik Vanderstraeten, seit fünf Jahren Gast in Bochum, begleitet die Kämpfe von Helden und Geschlechtern überaus interessant als Percussionist, Soundstratege und Ither. Die mobile Bühne von Michael Habelitz überlässt er den wilden Horden bei der Suche nach dem heiligen Gral, denn den muss der dahinsiechende König Anfortas so lange bewachen, bis Parzival endlich nach 90 Minuten die richtigen Fragen stellt und so auch eine sehr ansehnliche kraftvolle Produktion des Jungen Schauspielhauses beendet.

„Parzival“ von Lukas Bärfuss
R: Martina von Boxen
Kammerspiele Bochum
Sa 2.4. 19:30 Uhr, Mi 13.4. 19.30 Uhr
0234 33 33 55 55

Peter Ortmann

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