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"Geschlossene Gesellschaft"
Birgit Hupfeld

Ewige Pein ohne Gewalt

25. Februar 2011

"Geschlossene Gesellschaft" in Bochum - Theater Ruhr 03/11

Die Hölle auf Erden ist ein steinernes Gewölbe an der Bochumer Rottstraße. Doch es ist auch der tatsächliche Ort der theatralischen Verdammnis. Dorthin schickt Jean-Paul Sartre in „Geschlossene Gesellschaft“ seine drei Sünder zur ewigen Folter. Doch erster Eindruck: So schlimm ist es ja gar nicht. Sitzgruppe, Kerzen, rotes Schummerlicht. Ein sehr freundlicher Kellner im Frack. Nix also mit Fegefeuer, Streckbank, Höllenhunde. Für die drei Insassen erst einmal beruhigend. Doch diese Erfahrung ist extrem trügerisch.

Oliver Paolo Thomas hat das eigentlich sehr einfach gestrickte Sartre-Stück für das Rottstraßen- Theater inszeniert. Ohne viel Brimborium. Mit ausgezeichneten Schauspielern und dem Gespür für die schonungslose Kriegs-Psychologie hinter den Zeilen. Erster Proband im Höllencamp ist der Journalist Garcin (Jost Grix), der den Laden „durchschaut“, den lächelnden Kellner in Diskussionen verwickelt, er weiß warum er da ist, der Pseudo-Revoluzzer weiß, wovon er redet, seine Leichen sind schlichte Feigheit im entscheidenden Moment und eine misshandelte Frau.

Die schlaue lesbische Inés (Karin Moog) stößt dazu. Ihre Freundin hat sich und sie vergiftet, nachdem der verstoßene Cousin von einer Straßenbahn überrollt wurde. Garcin und Inés tragen die ersten Platzhirschkämpfe aus, können sich noch arrangieren, bis die reiche und schöne Estelle (Sonja Baum) das infernalische Trio komplettiert. Auch sie ist natürlich falsch in der Hölle. Was hat sie auch schon getan, Kindsmord und den Geliebten in den Tod getrieben. Pah.

Alle versuchen erst einmal Fronten zu errichten gegen die anderen, dann Koalitionen zu bilden fürs eigene Wohlbefinden. Doch immer bleibt die Konstellation zwei gegen einen auf die Dauer lähmend, aufreibend, verletzend. Thomas gelingt dafür eine gekonnte Choreografie auf der überaus schmalen Fläche mit einer eisernen Tür ins Nirgendwo. „Der Folterknecht ist jeder von uns für die beiden anderen“. Mit dieser Erkenntnis beginnt der Weg in die ewige Verdammnis. Kein Essen, kein Schlaf, Resignation und Stereotype sind schlimmer als die Streckbank. Selbst die plötzlich offen stehende Stahltür entzündet da keine Hoffnungsschimmer mehr.

Peter Ortmann

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