Dröhnend huscht ein Düsenjäger akustisch über die Bühne. Die ist im großen Haus des Bochumer Schauspielhauses eher leer, karg, konzentriert. Schicke Menschen auf einer schicken Terrasse, der Sohn ist vermisst, als Soldat wahrscheinlich eher tot, aber seine Mutter (Katharina Linder) will das nicht wahrhaben und jetzt will der Bruder die ehemalige Verlobte Ann (Sarah Grunert) heiraten. Das geht nicht. Was anfangs noch nur moralisch scheint, entpuppt sich in Arthur Millers „Alle meine Söhne“ schnell als dunkles Geheimnis, als mit Geld erkaufte Freiheit. Schuld ist nur etwas für Arme und arm ist Joe Keller (Michael Schütz) wahrlich nicht. Er macht in Rüstung, sein Sohn Chris (Nils Kreutinger) ist in der Firma, die Verlobte seines verstorbenen Sohnes Larry ist die Tochter des früheren Geschäftspartners Steve, doch der sitzt im Knast.
Anselm Weber, der scheidende Intendant in Bochum inszeniert diesen halben Krimi, der 1947 als letzte Arbeit am Broadway aufgeführt wurde. Eine Familie, in der jeder gegen jeden intrigiert, wo schnell klar ist, dass Joe eigentlich im Gefängnis sitzen sollte. Aber: „Alle, die damals Mörder gerufen haben, nehmen heute beim Pokern mein Geld“, lacht er noch, alle in seiner Straße scheinen von seinem Vermögen zu partizipieren. Erst als George (Thorsten Flassig), Anwalt und Bruder von Ann auftaucht, kommt Licht in die Geschichte. Weber inszeniert geschickt als Boulevard, hält dies auch konsequent durch, die Dialoge treiben die Geschichte voran – bis zum Finale, in dem der Herr des Hauses erkennen muss, dass er nicht nur für den Tod von 21 Piloten verantwortlich ist, weil er aus Geldgier defekte Zylinderköpfe geliefert hat, sondern auch für den Tod von Larry, der Ann einen letzten Brief geschickt hat. Sein „Ich habe es für dich getan" wirkt plötzlich zynisch, die Situation eskaliert, die Fassade gutnachbarlicher Bürgerlichkeit zerbricht, die Familie auch, Joe Keller geht still von der Bühne. Das war unaufgeregt mit guten Schauspielern inszeniert. Und das für einen erregenden Arthur Miller. Der Knall am Schluss ist nicht das Ende der Tragödie.
„Alle meine Söhne“ | R: Anselm Weber | 2.7. 19 Uhr, 8. & 11.7. 19.30 Uhr, 15.7. 20.15 Uhr | Schauspielhaus Bochum | 0234 33 33 55 55
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