Nicht immer wenn man in der Nase bohrt, kommen Goldklumpen zum Vorschein. Nicht immer, wenn man in alt gewordenen Dauerbrennern wühlt, findet man noch etwas Feuer. Sicher. Die Komödie „Hase Hase“ von Coline Serreaus ist so ein ausgegrabenes Stück aus den 1990ern, etwas schrill, etwas zeitkritisch, etwas cool, aber irgendwie nicht für den Dauerbrand geeignet, also lieber Hasenbraten mit Karl Valentin. Gefallen hat der Abend dem Abonnementpublikum allemal. Reicht heute ja schon.
An der Inszenierung gibt’s nichts zu meckern. Obwohl Barbara Hauck in den Bochumer Kammerspielen Regie in einer Kiste führte, die nicht ihre war, sie sprang recht kurzfristig und mit dem Konzept des erkrankten Jung-Regisseurs Malte C. Lachmann ein. In diesem leergefegten weißen Raum finden sich, nachdem der Eiserne oben und „Also sprach Zarathustra“ musikalisch und optisch an die alte 2001-Saga erinnerte, die ersten Familienmitglieder der Hases ein. Eigentlich ein bürgerliches Familienunternehmen der unteren französischen Mittelschicht, die sich nach Entwicklung und Aufstieg sehnt, aber irgendwie doch in der kleinen 2 Zimmerwohnung steckengeblieben ist. Man wartet auf Vaters Gehaltserhöhung, dann ginge es besser. Doch diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen, immer weiter gerät die Familie in einen Strudel voller Katastrophen, nichts scheint mehr real, dass der jüngste Sohn mit Vornamen Hase ein Außerirdischer ist, der die Welt retten will, hat da kaum noch eine Bedeutung, die Chaos-Familie weiß das auch gar nicht. Und so jettet man 90 Minuten mit Slapstick und munteren Dialogen durch eine Handlung, die eigentlich keine ist, die Mutter (Cornelia Kempers) versucht den immer weiter zerbröselnden Sandhaufen zusammenzuhalten, doch alles rinnt ihr durch die Finger: Vater (Bernd Rademacher) ist längst entlassen, die Söhne Terroristen und Waffenhändler, die Töchter kehren von ihren Männern nach Hause zurück.
Am Schluss einigt man sich auf den Zusammenhalt der Familie als gemeinsamen Nenner. So what. Viel Gesang und Iggy Pop können das flaue Gefühl beim Zusehen nicht vertreiben, Coline Serreaus Stück merkt man das überschrittene Verfallsdatum an. Ab ins Archiv damit.
„Hase Hase“ | Mi 8.1. 19.30 Uhr | Kammerspiele Bochum | 0234 33 33 55 55
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