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Filminfo & Termine

Am Tag als Bobby Ewing starb
Deutschland 2005, Laufzeit: 89 Min.
Regie: Lars Jessen
Darsteller: Gabriela Maria Schmeide, Peter Lohmeyer, Franz Dinda, Nina Petri, Richy Müller, Luise Helm, Peter Heinrich Brix, Jens Münchow, Rocko Schamoni, Ingo Haeb, Lisa Maria Potthoff, Lars Gärtner, Falk Rockstroh, Marion Breckwoldt, Jan Peter Heyne, Barbara Focke, Ulrich von Bock

Meine Meinung zu diesem Film

Kutzop schoss den Elfmeter an den Pfosten
Kinokeule (541), 31.01.2006

In manchen Fällen wird die Vergangenheit recht negativ dargestellt. Man kann sich nicht vorstellen, dass die Römer eine Tourismusindustrie hatten (nein nicht wie in ?Leben des Brain?), die Leute vor hundert Jahren besser gekleidet waren als heute und eben vor 20 Jahren noch ganz andere und im Wesentlichen bessere soziale Zusammenhänge zu beobachten waren. Natürlich ist es einfach, heute auf die ?Alternativbewegung? zu schimpfen und sie in der kulturellen Nahrungskette ganz unten anzusiedeln. Aber ob unsere profitmaximierte Zeit in 20 Jahren wohlwollender zu betrachten ist? Die Menschen damals handelten entsprechend ihrer Historie doch zumindest in so guter Absicht, wie die heutigen, doch ?Nachher weiß man immer mehr? bzw. alles besser.

Zu diesem Film: Er tappt glücklicherweise nicht in die obige Falle, sondern zeichnet seine kleine Gruppe mit Respekt nach. Natürlich spielt Peter Lohmeier einen besserwisserischen Kotzbrocken, aber es gibt eben auch Hanne, Niels und die anderen, die in diesem Film sehr sympathisch erscheinen. Bis ins kleinste Detail sind Ausstattung, Kostüme und Habitus der damaligen Zeit nachempfunden. Ich möchte aber nicht ausschließen dass es auch heute noch irgendwo vereinzelte Biotope dieser sozialen Spielart zu beobachten gibt (3 Sterne).

1986
juggernaut (162), 21.06.2005

Um die Vorlage aus der Choices/Biograph-Kritik gleich aufzunehmen: 1986 war in der Tat vor allem das Jahr, in dem die ?Goldenen Zitronen? ihre erste Single veröffentlichten: ?Am Tag, als Thomas Anders starb?. Hei, war das ein Aufruhr! Zu dieser Zeit war der Tabubruch eben noch kein Gesellschaftsspiel. Die ?Bravo? heulte, die ?Bild? schäumte ? und die Zitronen wurden innerhalb kürzester Zeit so bekannt, dass sie bald ihre erste Langspielplatte (so hieß das damals) aufnehmen und auf große Tour gehen konnten, die sie 1988 auch in einen seinerzeit noch ?Luxor? geheißenen Kölner Club führte, wo sie einen meiner Erinnerung nach ziemlich unterhaltsamen Auftritt hinlegten. Modern-Talking-Hasser und ?Formel Eins?-Gucker, die sich immer Dallas-dienstags um 21 Uhr versammelten, um im Dritten die erste Video-Hitparade im deutschen Fernsehen zu schauen, hatten daran jedenfalls ihren Spaß. Dabei ausgestattet mit, zugegeben, aus heutiger Sicht höchst fragwürdigen Frisuren und wenig geschmackssicher zusammengestellten Klamotten ? aber so sahen die Alternativen zum selbstgestrickten Pullover Mitte der 80er nun mal aus. Und da Genschman, unser damaliger Minister des Äußersten, gerne mit kanariengelben Pullundern durch die Weltpolitik jettete, trägt passenderweise auch der Dorfbürgermeister in ?Am Tag als Bobby Ewing starb? ein solches Kleidungsstück

Wer also 1986 in einer eher unpolitischen Phase seines Lebens steckte, verbindet mit dem doppelten Super-GAU dieses Jahres (Tschernobyl kaputt, Bobby Ewing tot) nicht sehr viel. Dementsprechend wenig hat ?Am Tag als Bobby Ewing starb? bei mir ausgelöst. Sicher, der Film ist wirklich mit viel Liebe zum authentischen Detail ausgestattet, und die Figuren bewegen sich immer nur haarscharf am Rande zur Karikatur. Auf billiges, klischiertes Öko/Müsli-Bashing verzichtet Regisseur Lars Jessen weitgehend. Aber die hier dargestellte Lebenswirklichkeit ist ebenso wie das eigene, persönliche Lebensgefühl dieser Zeit doch schon sehr weit entfernt ? that was then and this is now.

Und nun wird sich also aller Wahrscheinlichkeit nach in irgendeiner Form Geschichte wiederholen. Wenn ab 18.9.2005 das Merkel, ihres Zeichens Physikerin und Kernkraftbefürworterin, das Szepter schwingt, kann man erst mal wieder guten Gewissens und vollen Herzens dagegen sein. Denn an der Berechtigung des Protests gegen die Nutzung der Kernspaltung, Ökos hin, Müslis her, hat sich in all den Jahren nichts geändert. Und: Der Nachteil der fragwürdigen Frisur würde diesmal auf der Gegenseite liegen.

Abgesang auf eine Ära
Colonia (683), 11.06.2005

Als noch ein bisschen Schwung aus 1968 übrig war und sich der Volkszorn flächendeckend und altersübergreifend gegen "die da oben" richtete, die die deutsche Republik West mit ihren bösen Atomkraftwerken überziehen wollten, als sich "Zahnlücken" auf "unterdrücken" und bei Grönemeyer noch mehreres reimte, die Frisuren alle scheiße aussahen, Minipunks "no future" skandierten und die Kohl-Regierung Seit an Seit mit den USA von Weltraumwunderwaffen träumte, da war irgendwie noch alles anders. Da wurde noch im Kollektiv gelitten und gestritten, gelabert auch. Aber irgendwie waren das Dinge, die alle angingen, die verbanden und bei denen nicht der Einzelne im Mittelpunkt stand, sondern das gemeinsame Ziel.

Was aus den Leuten von damals wurde, ist bekannt: Die einen sind frustrierte Sozialarbeiter geworden und besetzen heute auf ihre Pension wartend Stellen in der Jugend- und Kulturarbeit, die anderen träumen in der Kneipe, die sie in der Eifel eröffnet haben, von der guten alten Zeit. Und wieder andere sind tatsächlich in die Politik gegangen und haben dort alle ihre Ideale verraten.

Die Kinder und Jugendlichen von damals schreiben heute viele Filmkritiken in dieses Forum oder sind etwas produktiver und drehen Filme über die Zeit von damals. So wie Lars Jessen, der mit "Am Tag als Bobby Ewing starb" seine eigene Jugend auf die Leinwand brachte.

An das besagte Fernsehereignis kann ich mich nicht erinnern, denn "Dallas" war bei uns zu Hause tabu. Dafür aber an die Katastrophe in Tschernobyl und den ersten Regen danach. Dieser Tag, der im Film eine große Rolle spielt, ist mir ungeheuer präsent.

So wird "Am Tag ..." zu einer Zeitreise, die die heute deutlich über 30-jährigen sicher gerne mitmachen. Ein Abgesang auf eine Bewegung, die 1986 schon in den letzen Zügen lag. Jessen hat sie vergnüglich und mit einiger Situationskomik inszeniert ohne je zu übertreiben. Leider bleibt es beim bloßen Abbilden. Einige klarere Statements hätten dem Film gut getan, ein etwas mehr an Story auch.

www.dieregina.de

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