Der Baader Meinhof Komplex
Deutschland 2008, Laufzeit: 150 Min., FSK 12
Regie: Uli Edel
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Bruno Ganz, Nadja Uhl, Alexandra Maria Lara, Jasmin Tabatabai, Hannah Herzsprung, Jan Josef Liefers, Heino Ferch, Katharina Wackernagel, Anna Thalbach, Michael Gwisdek
Gut 30 Jahre nach dem Deutschen Herbst bringt Produzent Bernd Eichinger ("Der Untergang") die Geschichte der RAF als starbesetzten Thriller ins Kino. 1967: Die Journalistin Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) verbringt den Urlaub mit Mann und Töchtern auf Sylt. Die Tageszeitung kündigt den Besuch des persischen Schahs an. Meinhof formuliert einen offenen Brief, der sich gegen die Zustände im Iran richtet. Im Privatleben folgen Trennung und der Umzug nach Berlin. Dort gehen die Studenten auf die Straße, Proteste werden niedergeschlagen, Meinhof verliert zunehmend den Glauben an die Macht ihrer Worte, lernt Gudrun Ensslin (kompromisslos radikal: Johanna Wokalek) und Andreas Baader (Moritz Bleibtreu als Spaß-Terrorist) kennen, legt die Feder zur Seite und greift zum Schwert. 150 Minuten lang folgt die Bernd-Eichinger-Produktion der zehnjährigen Chronologie des Deutschen Terrors. Im Interview sagt der Produzent und Drehbuchautor, er wollte sich dabei auf die Taten und weniger auf die Thesen dahinter konzentrieren. Es war "die RAF, die sich für den Kampf und gegen die politische Debatte entschieden hat, so ist es denn nur konsequent, dass wir im Film ähnlich vorgehen". Glücklicherweise fällt das Ergebnis nicht ganz so trivial aus. Optisch zurückgenommen hakt Regisseur Uli Edel die Stationen ab, die die Gewaltspirale nachvollziehbar höherschrauben. Inszenatorisch irritierend bleibt der wiederkehrende Stakkato-Soundtrack, der offensichtlich reißerisch komponiert ist, aber dafür viel zu leise vor sich hinplätschert, so als wären sich die Filmemacher uneins darüber, wie man nun die Form wahrt. Abgesehen von Baader, dessen Wandlung vom dichtgekifften Abenteurer in der Freiheit zum politischen Märtyrer in der Zelle nicht nachvollziehbar ist, überzeugen die anderen Figuren, vor allen Gedeck und Wokalek als Vordenkerinnen. In hitzigen Dialogen oder nachdenklich aus dem Off diskutieren die zunehmend zerstrittenen Stadt-Guerillas ihre Theorien. Bruno Ganz als kluger Leiter des Bundeskriminalamts betrachtet die Terrorzelle nochmal aus der anderen Perspektive. So werden diverse Denkansätze geliefert und machen zumindest die Motivationen der Protagonisten verständlich. Die durchaus spannende Geschichtsstunde analytisch oder psychologisch zu durchleuchten, ist nicht Ansinnen des Films. Stefan Austs gleichnamiges Buch von 1984 bildet die Grundlage, in der die Stationen ähnlich faktisch durchlaufen werden. Der Film liefert 24 Jahre nach Veröffentlichung keine neuen Einsichten. Eichinger will von dem dunklen Kapitel erzählen, dem er sich ebenso wie Edel generationsverbunden fühlt. Und Eichinger will es den Massen erzählen: Selbst der Attentäter Dutschkes ist in diesem Star-Overkill mit Tom Schilling noch prominent besetzt. Und auf FSK 12 konnte man die nicht eben unblutige Geschichte (Kopfschuss in Nahaufnahme) auch noch runter boxen. Diese Tatsache können sich dann ja vielleicht Schulen zunutze machen, um mit den Schülern das Thema dann im Unterricht angemessen zu vertiefen.
(Hartmut Ernst)
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