Die Blume des Bösen
Frankreich 2003, Laufzeit: 104 Min., FSK 12
Regie: Claude Chabrol
Darsteller: Nathalie Baye, Benoît Magimel, Suzanne Flon, Bernard Le Coq, Mélanie Doutey, Thomas Chabrol, Caroline Baehr, Henri Attal, Didier Bénureau, Françoise Bertin, Yvon Crenn, Michèle Dascain, Francois Maistre, Juliette Meyniac, Dominique Pivain
Eine Familie und ihr Geheimnis: Chabrol seziert auch in seinem neuen Film die unter der glatten, hübschen Oberfläche verborgenen Makel der Bourgeoisie die wörtlich zu nehmenden Leichen im Keller.Eine Familie aus höheren Kreisen droht an der Vergangenheit zu zerbrechen Die Familie Charpin-Vasseur ist auf merkwürdige Weise ineinander verflochten: Da sind Anne, die für ein Amt in der Stadtverwaltung kandidiert und ihr Ehemann Gérard, ein angesehener Apotheker, der dieser Position konträr entgegensteht. Eine Art Zentrum der Familie ist Tante Line, die in ein finsteres Geheimnis um ihren verstorbenen Ehemann verstrickt ist. Im Familiensitz in Bordeaux lebt auch Michèle, Annes Tochter aus erster Ehe. Zu Filmbeginn kommt Gérards Sohn François aus den USA zurück, der seinerzeit wegen seiner Liebe zur Halbschwester Michèle weggegangen ist. Doch Michèles Liebe zum Stiefbruder hat sich bis heute bewahrt. Claude Chabrol erzählt die Geschichte dieser drei Generationen in streng statuarischen Bildern und es kommt ihm wie in seinen früheren Filmen auf das Familiengeflecht an, auf das, was unauslöschlich eingeprägt und eingegerbt ist: es gab in der Vergangenheit der Familie einen Kollaborateur, der jetzt zu Annes Wahlkampf plötzlich wie der Phönix aus der Asche als Gegenargument ihrer Wahl ans Licht gezogen wird. Wer steckt dahinter? Das Geheimnis ist wieder eine der perfiden Chabrolschen Boshaftigkeiten. Immer geht es in der bourgeoisen Gesellschaft bei Chabrol zugleich böse und charmant zu. Da werden kleine Spitzen auf die Lebensart verteilt und wenn die Wahlkandidaten ihre Besuche bei den kleinen Leuten in den Sozialwohnungen machen, wird das Verlogene am Wahlkampf gnadenlos demaskiert. Vielleicht ist der Mechanismus dieser Filmstory bisweilen allzu deutlich zu erkennen, da Chabrol sich nicht bemüht, ihn zuzudecken. Er möchte, dass wir dieser Maschinerie ganz und gar folgen mit der ganz nüchternen Distanz zum Geschehen, zu dem Mord in der Vergangenheit und dem in der Gegenwart, denn die Familiengebilde sind wie immer durchschaubare, geheimnisvolle Konstrukte, deren schöner Schein immer hohler wird. Die Oberfläche ist hier so bewusst glatt, dass es da gar nichts mehr zu durchdringen gibt, die Maskerade ist ebenso perfekt wie deutlich.
(Heiko R. Blum)
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