Lord of War - Händler des Todes
USA 2005, Laufzeit: 122 Min., FSK 16
Regie: Andrew Niccol
Darsteller: Nicolas Cage, Ethan Hawke, Jared Leto, Bridget Moynahan, Eamonn Walker, Sammi Rotibi, Sir Ian Holm
The other side of "Bowling for Columbine"...
SeBiG (30), 10.02.2008
Hätte nie gedacht, daß mir ein Film mit Nicolas Cage einmal gefallen würde - aber dieser hier tut es.
Warum? Weil Nick Cage die absolute Top-Besetzung für den widerlichen Schmierlappen abgibt, den er in diesem Film verkörpert - glaubwürdiger hätte des wohl kaum ein anderer hinbekommen. Auch die schauspielerischen Leistungen von Jared Leto und Ian Holm sind gewohnt überdurchschnittlich, lediglich Ethan Hawke schwächelt allmählich ein wenig - der Mann muss langsam mal lernen, sich auf andere Stärken als glatte Haut und klare Augen zu besinnen, sonst ist er in ein paar Jahren weg vom Fenster.
Aber zurück zum Wesentlichen: "Lord of War" gelingt bis auf die letzten 20 Minuten stringent, was vor ihm nur wenig Filme wie "Das Leben ist schön" geschafft haben: Den Alptraum von Krieg und Massenmord in einem Gewande zu präsentieren, daß der Zuschauer einfach hinschauen muss, weil die Art und Weise, wie die Spezies Mensch ihren Kreuzzug zur Selbstvernichtung organisiert, einfach nur noch "zum Schiessen" ist.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Humor, um den es hier geht, ist weder platter Slapstick noch dröge Rülps- und Furz-Comedy, sondern beinhart, böse und tiefschwarz; das macht das bittere Körnchen Wahrheit, das mit jeder aufs neue gelungenen Pointe der unfreiwilligen Selbstkarikatur verabreicht wird, nur noch um so bitterer.
Genial gemacht, wie die Prinzipien des Gangster-Buddy-Movies den Zuschauer dazu bringen, dem fiesen Waffenschieber Cage hinter dem Rücken sämtliche Däumchen zu drücken, daß er es doch wieder schafft, dem Interpol-Agenten Ethan Hawke auf seinen Hacken wieder ein Schnippchen zu schlagen.
Natürlich wird es gegen Ende eines solchen Streifens immer schwierig, die Kurve zu kriegen - daß das alles natürlich kein Spaß, sondern für die betroffenen Länder überhaupt nicht lustig ist - aber das kriegt "Lord of War" noch sehr akzeptabel hin.
Es gibt zwei Gründe, warum es notwendig ist, einen Film über dieses Thema *genau so* zu drehen: Erstens, weil die (gelungen!) unterhaltsame Art, den Zuschauer mit diesem Thema zu konfrontieren, 100% dazu geeignet ist, sich so einen Film überhaupt anzusehen. Zweitens weil es notwendig ist, dem Schrecken ein Gesicht zu geben, in das man lauthals hineinlachen kann. Das Thema verliert dadurch nichts an seiner Ernsthaftigkeit, doch ist die Inszenierung dazu geeignet, die in ihr verkapselte Wahrheit auch annehmen und verarbeiten zu können, ohne daß man (wie in den Nachrichten) gleich weiterzappen will, weil man das einfach alles nicht mehr sehen kann oder hören will - DAS ist der große Wert dieses Films.
Die Quintessenz des Filmes haben die guten alten 68'er schon längst gewusst: "Deutsche Waffen, Deutsches Geld morden in der ganzen Welt." Okay, und englische. Französische. Russische. Amerikanische. Und wer sonst noch alles so im Weltsicherheitsrat der UN sitzt.
Wahnsinn
futzicät (16), 26.02.2007
Der Film ist wirklich gut gemacht und hat Gott sei Dank genau die richtige Länge. Solche Filme neigen immer dazu viel zu lang zu sein so dass man schon nach der Hälfte des Films auf die Uhr guckt und hofft dass es bald vorbei ist. Dieser Film fällt nicht in diese Kategorie.
Im Gegensatz zu den anderen finde ich, dass die Frau und der Bruder auf jeden Fall in den Film mussten, weil das den Hauptdarsteller doch wenigstens noch einigermaßen menschlich darstellt.
Ansonsten schockiert der Film unverblümt und das ist auch gut so.
Toller Film.
Bemerkenswert,
Raspa (391), 03.03.2006
dass ein solcher Film in den USA gedreht werden kann. Ich stimme weitgehend mit meinen beiden Vorschreibern überein, vor allem darin, dass die Ehegeschichte der sonstigen Stringenz des Films eher abträglich ist. Allerdings weiß ich nicht so recht, worüber man hier lachen können soll, und sei es auch das angeblich im Halse stecken bleibende Lachen. Sicher, der liberianische Diktator Baptiste und sein tumber Sohn haben bei aller Widerwärtigkeit auch etwas Lächerliches an sich - aber wirklich zum Lachen reizen diese Schlächter auch nicht.
Insgesamt ein sehr politischer Film - ein Genre, das im Moment eine erstaunliche Renaissance feiert.
Fortsetzung eines bislang großartigen Kinojahres...
socsss (63), 17.02.2006
Eines vorne weg: Der Film ist in jeder Beziehung und glücklicherweise insbesondere auch qualitativ alles, was man zuvor über ihn gelesen, gesehen und gehört hat!
Aber fangen wir doch erst mal mit den negativen Aspekten an:
Ich bin mir nicht sicher, ob die Rollen des Bruders und besonders die des Interpolagenten für den Plot und die Aussage des Films übermässig bedeutsam sind, möglicherweise sind sie es - und die schauspielerische Leistung von Jared Leto ist auf jeden Fall die bemerkenswerteste des versammelten Personals!
Ich bin jedoch völlig sicher, dass die "Szenen einer Ehe" den Film keinen Millimeter voranbringen - und auch keinen tiefern Einblick in Orlovs Charakter gestatten als es der eigentliche Erzählstrang schon tut, nämlich die Geschichte über das Leben des Waffenhändlers Orlov.
Ich glaube, der Film hätte noch bissiger, zynischer, erschreckender und direkter sein können, wenn man die "privaten" Aspekte ausgeklammert und sich ausschliesslich auf Orlov und seinen Beruf konzentriert hätte. Gerade im Schlussteil bremst dieser Aspekt den Film eher, als dass er ihn voranbringt.
Damit kommen wir zum nächsten negativen Aspekt. Die letzte halbe Stunde des Films verliert deutlich an Drive, an Biss und an Schärfe! Und der Film wird moralinsauer, obwohl er dies nicht wirklich nötig hätte. Auch ohne die moralisch richtige Position mit dem Holzhammer von allen Seiten noch einmal vorgeführt zu bekommen, muss man schon arg debil oder arg entmenschlicht sein, um die Aussage des Films in irgendeiner Form missverstehen zu können!
Denn: Man lacht, oh ja, man lacht! Aber ich habe schon lange keinen Film mehr gesehen, der einem das Lachen in diesem Masse im Gesicht festfrieren liess! Hier ist der alte Spruch wortwörtlich zu nehmen: Das Lachen bleibt einem im Halse stecken!
Denn der Film ist bitter, ironisch, zynisch und in hohem Masse er- und abschreckend!
Besonders hervorheben sollte man den Schluss, der, wie schrieb es die CINEMA, an Deutlichkeit nicht zu überbieten ist! Das ist wohl wahr! Wer bis dahin noch Zweifel an der Intention (und der politischen Position) der Filmemacher hatte: Danach wohl kaum noch...
Noch viel besser ist jedoch die Anfangssequenz! Es ist die beste Opening Scene, die ich seit Ewigkeiten gesehen habe. Handwerklich brillant gemacht, kreativ, bitterböse - und erschreckend! Und damit fasst sie den Film schon von vorneherein perfekt zusammen! Incl. des finalen Schockmomentes...
Es gibt neben dem Gesamteindruck noch weitere Szenen, die man lobend hervorhgeben könnte - aber ich will jetzt ja nicht alles vorwegnehmen ;-)...
Kurz gesagt: Der Film unterhält, teilweise amüsiert er - und: er regt zum Nachdenken an! Intelligentes, kreatives, eigenständiges und gut gemachtes Kino mit Langzeitwirkung! Was will man mehr?!? Also: Reingehen, es lohnt sich!
Und ich freu mich jetzt auf "Syriana" ;-)...
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