Vicky Cristina Barcelona
USA/E 2008, Laufzeit: 96 Min., FSK 6
Regie: Woody Allen
Darsteller: Scarlett Johansson, Penélope Cruz, Rebecca Hall, Javier Bardem, Patricia Clarkson, Kevin Dunn, Chris Messina, Zak Orth, Carrie Preston, Pablo Schreiber
Die amerikanischen Freundinnen Vicky und Cristina verbringen den Sommer in Barcelona. Eine Männerbekanntschaft stürzt beide in emotionale Verwicklungen.
Beinahe vierzig Jahre lang hat Woody Allen seine Filme fast ausschließlich in New York gedreht. Woody Allen war ohne New York einfach nicht denkbar. Dann hat er 2005 mit „Matchpoint“ London besucht und dort gleich zwei weitere Filme gedreht: „Scoop“ und „Cassandras Traum“, allesamt mehr oder weniger schwarzhumorige Krimis. Dass sich sein Abstecher nach London derart lang und ergiebig gestalten sollte, war bei „Matchpoint“ noch nicht absehbar. Dass London nur der Anfang für eine vielleicht ausgiebige Europareise des inzwischen 73Jährigen sein sollte, noch viel weniger. Seinen neuesten Film hat der Regisseur im sonnigen Barcelona gedreht, und es ist ein weiteres gelungenes Versatzstück in seinem jugendlichen Alterswerk.
„Vicky Cristina Barcelona“ ist ein wirrer Liebesreigen vor sonnendurchfluteter Kulisse. Die amerikanischen Studentinnen Cristina (Scarlett Johansson) und Vicky (Rebecca Hall) wollen zusammen ein paar entspannte Wochen in Barcelona verbringen. Sie wohnen bei einem befreundeten älteren Ehepaar. Dass die beiden in Bezug auf die Liebe nicht unterschiedlicher sein könnten, erfährt der Zuschauer gleich zu Beginn per Off-Kommentar: Vicky steht kurz vor der Hochzeit mit einem gut verdienenden Mann ¬– einem geordneten Leben in der Vorstadtidylle steht nichts Weg. Cristina ist hingegen auf der ständigen Suche nach der wilden, romantischen Liebe, erfüllend und schmerzvoll zugleich. Als beide auf Juan (Javier Bardem) treffen, einen echten Don Juan, ist Vicky von dessen eindeutigem Angebot zu einem Wochenende zu dritt entsprechend schockiert, während Cristina unwillkürlich die Abenteuerlust packt. Und schon entspannt sich ein Liebesreigen, der in der Einen verborgene Sehnsüchte wach ruft und in der Anderen die Sinnsuche anstiftet. Als dann noch Maria (Pénelope Cruz), Juans temperamentvolle und eifersüchtige Ex-Frau, auftritt, ergeben sich nochmal neue Konstellationen. Jede der Figuren hat diesen Liebesreigen auf ihre ganz eigene Art nicht im Griff.
Woody Allen hat in „Vicky Cristina Barcelona“ wieder einmal unter Beweis gestellt, dass er existentielle Themen leicht und komödiantisch verpacken kann, ohne dass sie dabei abflachen und an Tiefe verlieren. So ist auch sein neuester Film trotz des dramatischen Gehalts eine Freude. Und dass er es schafft, noch im hohen Alter eine unterschwellige Erotik auf die Leinwand zu zaubern, die nie zotig wird – es gibt genügend unangenehme Beispiel solcher Alterswerke – ist bemerkenswert. Daran hat natürlich die sichtbar Begehren verströmende Darstellerriege keinen unwesentlichen Anteil.
(Christian Meyer)
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