Wie könnte man wohl Marsmenschen unsere Art zu sein und zu leben erklären? Dieser Frage widmet sich das Einfrau-Performancestück „Freischuss. Der Mars lacht“. Den Text hierzu hat Siegfried Hopp eigens für diesen Abend verfasst, er hätte dies allerdings vielleicht mal lieber sein lassen sollen. Die Grundidee ist noch ganz nett, ebenso wie auch das Setting in der Heldenbar, und ein klarer Vorteil dieses Stückes ist noch, dabei Bier trinken zu dürfen. Aber bereits das Bühnenbild, die aufgeklebten Packpapierfetzen mit den tiefgangheischenden Schmierereien wie: „Achtung! Sie hat Pollock und nicht Monet gesagt“, verrät, dass es ein anstrengender Abend werden wird. Silvia Weiskopf stemmt alleine einen 1 ½-stündigen Abend und es liegt nicht an ihrem schauspielerischen Können, dass man sich an diesem Abend wünscht, man wäre lieber ins Kino gegangen. Sie spielt sich einen Wolf, ihren Worten kann man trotzdem oder gerade deswegen nur kaum folgen, weil dafür Spiel und Text zu wenig zueinander passen und sie eher einem wirschen Ausdruckstanz mit dadaistischen Wortfetzen ähneln. Zu Bewegungen aus der Augsburger Puppenkiste werden da Textbröckchen aneinandergereiht, wieder und immer wieder dieselben.
Der gesamte Abend wirkt sehr überambitioniert. Irgendwer muss sich gesagt haben: so einen Text mit nur einer Stimmungslange sprechen, dass ist doch banal – wir machen hier Kunst! Und so wird dann mal wütend, mal verzweifelt, mal freudig, mal aufgedreht ein Text gesprochen, aus dem sich nicht mal im Ansatz ableiten lässt, woher auch nur eine dieser vielen Gefühlsregungen kommen soll. Es ist auch gar nicht so leicht, dem „Sinn“ zu folgen vor lauter Wortfetzen, Gezappel und Gehampel. Schlimmer allerdings sind die Passagen, an denen kein Text gesprochen wird – unendlich viele Minuten lang wird da eine Krise ausgekostet. Etwas sehr viel mehr Dynamik hätte diesem Abend richtig gutgetan, vielleicht hätte man sich dann nicht zwischenzeitig gefragt, ob man in einer Neuauflage von Hape Kerkelings „Hurz“-Performance gelandet ist.
„Freischuss. Der Mars lacht“ von Siegfried Hoppe I D: Silvia Weiskopf
Theater Essen (Heldenbar) I Vorerst keine weiteren Termine I 0201 812 22 00
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