Vom 1. bis 6. Mai werden in der Lichtburg in Oberhausen mehr als 400 Kurzfilme zu sehen sein. Die Kurzfilmtage sind schon lange ein weltweit angesehenes Festival: 1954 gegründet als „Westdeutsche Kulturfilmtage“ und 1959 in „Westdeutsche Kurzfilmtage“ umbenannt, ist es das älteste Kurzfilmfestival der Welt. Das Festival, das erst seit 1991 unter dem aktuellen Namen firmiert, hat in den letzten 54 Jahren eine bewegende Geschichte erlebt: Das Oberhausener Manifest mit dem Titel „Papas Kino ist tot“, das maßgeblich zur Entstehung eines eigenständigen Neuen Deutschen Films beigetragen hat, wurde hier 1962 verkündet. Hier sah man bereits 1970 einen Film mit Computeranimationen. Und hier haben so unterschiedliche Akteure wie Martin Scorsese, George Lucas, Roman Polanski, Alexander Kluge, Werner Herzog, Jean-Pierre Jeunet oder François Ozon ihre Kurzfilmdebüts präsentiert.
Nicht über die eigene, sondern generell über die Konstruktion von Geschichte reflektiert in diesem Jahr das Themenprogramm „Wessen Geschichte?“, in dem z.B. Agnes Vardas „Black Panthers“-Film und Werke von Alexander Kluge zu sehen sind. „Grenzgänger und Unruhestifter“ heißt der zweite große Themenblock. Dass seit ein paar Jahren verstärkt politische Filme ins Kino finden, zeigen nicht nur Al Gores Klimawarnung „Eine unbequeme Wahrheit“ oder aktuell „Standard Operation Procedure“, Errol Morris’ Film über die Vorfälle in Abu Ghraib. Die These des Programms lautet, dass in den Langfilmen zu den Themen aber nur selten adäquate ästhetische Ansätze gefunden werden. Die politischen Kurzfilme der Gegenwart seien „schon längst viel freier in Form und Inhalt – schneller, härter, experimenteller und kontroverser“. Mehr als 60 Beiträge sollen klären, ob es nach 9/11 eine neue Generation politischer Filmemacher gibt und welche Methoden sie entwickeln. Auf dem Podium wird dagegen diskutiert, ob Kritik generell noch zeitgemäß ist.
Neben den beiden politischen Themenschwerpunkten bilden die groß angelegten Wettbewerbe das Herz des Festivals. Die vier Wettbewerbe gliedern sich in Internationalen und Deutschen Wettbewerb, den Kinder- und Jugendfilmwettbewerb und den Musikvideopreis für das beste deutsche Video. Letzterer wird in diesem Jahr ausgiebig gefeiert, denn die Vergabe des MuVi-Preises jährt sich zum zehnten Mal. Zu Hochzeiten des Musikvideos als erster MuVi-Preis weltweit entstanden, rückt man davon auch mit der zunehmenden Verdrängung der Clips aus den ehemaligen Musiksendern nicht ab, denn auf dem Festival zählt nicht der ökonomische, sondern der künstlerische Aspekt. Mit dem neben dem Jurypreis eingerichteten Online-Voting auf der Webseite des Festivals folgt man den Musikvideos sogar auf ihre neue demokratische Verbreitungsplattform, das Internet. Daneben wird es einen kleinen Rückblick auf zehn Jahre MuVi-Preis geben. Die Kurzfilmtage bleiben mit Sinn für Geschichte auf der Höhe der Zeit.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
Glück im Unglück
NRW-Wettbewerb bei den 67. Kurzfilmtagen Oberhausen – Festival 05/21
Traurig, aber wahr
67. Oberhausener Kurzfilmtage überzeugen im Online-Programm – Festival 05/21
Andere, kurze Welten
Natürlich, virtuell: Die 67. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen – Festival 05/21
Unbequem bleiben
NRW-Wettbewerb bei den 64. Oberhausener Kurzfilmtagen 2018 – Festival 05/18
Un-Ort Dusche und der Rapper von Köpenick
Verleihung der 20. MuVi-Award bei den 64. Kurzfilmtagen Oberhausen – Festival 05/18
Der andere Film
64. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen – Festival 05/18
Großes Kino mit kleinen Filmen
Der Kurzfilm als kreativer Motor für die Zukunft des Kinos – Vorspann 05/17
Kein Geheimtipp mehr
NRW-Wettbewerb bei den 62. Kurzfilmtagen Oberhausen – Festival 05/16
Keine Angst vor harter Kost
Preisträger der 62. Kurzfilmtage Oberhausen – Festival 05/16
Kritik mit Wumms
18. MuVi-Award bei den Kurzfilmtagen Oberhausen am 7.5. – Festival 05/16
„Auf das Risiko muss man sich einlassen“
Lars Henrik Gass, Festivalleiter der Kurzfilmtage Oberhausen, im Interview – Festival 05/16
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Grenzen und Gewalt
31. Filmfestival blicke in Bochum – Festival 12/23
Humanoide Blumen
„Speaking Flowers“ beim Filmfestival blicke – Festival 12/23
Hattingen, Tian’anmen, Weltall
Weitblick-Preis für „Hochofen II“ beim Filmfestival blicke – Festival 12/23
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
Komplizinnenschaft
Das IFFF bietet einen Blick auf feministische Solidarität – Festival 04/23
„Man muss sich über alte Zöpfe Gedanken machen“
Clemens Richert zur 44. Auflage der Duisburger Akzente – Festival 03/23
„Die Sichtung ist das Highlight!“
Katharina Schröder zum 30. Jubiläum des blicke Filmfestivals – Festival 01/23
Mehr als Ruhrgebietsromantik
Filmfestival blicke: Jubiläumsauftakt im Bahnhof Langendreer – Festival 12/22
An die Arbeit
Filmfestival blicke: Sonntagsmatinee in Bochum – Festival 12/22