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„Pussy Riots“
Foto: Diana Küster

Geschicktes System

29. Juni 2017

„Pussy Riots“ in der Essener Box – Theater Ruhr 07/17

Wenn frisch „Historisches“ die Theaterbühne erreicht, dann wird das für Zeitgenossen immer eine Herausforderung. Bilder beherrschen die Welt, Filme verzerren die Realität. Die Angst geht um, dideldum. Dreh’ dich nicht um, denn der Plumpsack geht um, und wer zu spät kommt, der kommt ins russische Straflager IK-14. Kann man die Krümmung der Geschichte zurückbiegen? Ins lineare transformieren, die Wahrheit propagieren, ehrlich sein? Mehr Feminismus!

In der Essener Box inszeniert Magz Barrawasser einen „Aufstand in drei Akkorden“ und mit drei jungen Schauspielerinnen. Es geht um Pussy Riot, die politische russische Punkband, die 2012 in die Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale stürmte und dem goldgeilen Patriarchen die Leviten lies. Immerhin 41 Sekunden lang.

This system was never broken, it was built this way. Ein Spontispruch an der Wand, eine ratternde Kaffeemaschine, ein Bett, ein Fenster. Dann kann es ja losgehen. „Was würde dich dazu bringen, deinen Kaffee stehen zu lassen, raus auf die Straße zu gehen und den Aufstand zu proben?“ – mit dieser Frage fängt alles an, mit dieser Frage hört alles auf, denn Subversion gegen das Patriarchat hat noch nie funktioniert, entweder brennen oder erschossen werden, dann schon lieber Verfaultes im russischen Lager.

Der Drei-Akkorde-Punk teilt die Szenen. Ein Gemisch aus Wiki, Chimamanda Ngozi Adichie (eine feministische nigerianische Schriftstellerin) und unbekannten Dialogen leitet durch den Abend, der uns die Geschichte der Pussy Riots näher bringen soll. Zugegeben eine Herausforderung, und die drei geben alles an den sichtbar ungewohnten Instrumenten. Angst und Zorn wechseln sich ab, Kaffee und eine Lederjacke wandern. Sie sind Madonnen mit Sturmhauben, die echten Riots, hier wird „der Sündenfall“ zum Geschmack. Klar, zwei Jahre Lager sind auch nur eine bestimmte Anzahl von Stunden und deshalb hat das Patriarchat die Subversion des Feminismus längst mit einem riesigen aufblasbaren weißen Einhorn verbrämt und aufgesaugt. Das „Historische“ hat damals schon nicht stattgefunden. Leider. Der Mainstream bleibt.

„Pussy Riots“ | R: Magz Barrawasser | Do. 6.7. & Mi 12.7. 19 Uhr | Schauspiel Essen, Box | 0201 812 22 00

Peter Ortmann

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