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Foto: Martin Kaufhold

Schnellballsystem der Sozialleistungen

05. April 2019

Michael Cooneys „Cash“ am Theater Essen – Theater Ruhr 04/19

„Die überschütten mich mit Geld“, klagt Eric Swan (Stefan Diekmann) über die Wohltaten des Sozialamts. Mit treuherzigem und opferbereitem Blick weint er sich bei seinem völlig entrüsteten Untermieter Norman Basset (Stefan Migge) aus, den er jahrelang als Strohmann für seine Machenschaften benutzt hat. Gleichzeitig versucht er, seine Ehefrau Linda (Janina Sachau) mit fadenscheinigen Begründungen aus dem gemeinsamen Haus zu schicken. Der Abend im Grillo-Theater ist kaum fünf Minuten alt und Eric hat da schon Telefonkabel samt Hörer mit seiner Krawatte unlösbar verstrickt. Mehr Symbolik geht nicht.

Michael Cooneys Komödie „Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ ist ein Boulevardstück, das den Sozialbetrug zum unterhaltsamen Thema macht. Politisch korrekt selbstverständlich. Denn der Betrüger ist kein subproletarischer EU-Bürger oder Flüchtling, sondern der wohlsituierte Eric Swan, der den Staat nach allen Regeln der Kunst ausnimmt. Arbeitslosigkeit und ein Scheck für einen ausgewanderten Untermieter bringen das Schnellballsystem ins Rollen. Eric erfindet Bataillone an Bedürftigen und beantragt alle verfügbaren Sozialleistungen – bis Mr. Jenkins (Thomas Büchel) vom Sozialamt vor der Tür steht und Klärungsbedarf anmeldet...

Regisseur Tobias Materna inszeniert Michael Cooney Stück als das, was sie ist: eine Boulevardkomödie am Rande der Farce. Auf Till Kühnerts Bühne, die ein aufgeschnittenes Haus mit Wohnzimmer, Galerie und Dach zeigt, perlen die Dialoge im rasanten Tempo. Jede neue Bemerkung schafft neue Verwicklungen. Die Türen fliegen im Minutentakt auf und knallen wieder zu. Doch die Regie fordert dem Ensemble, das mit sichtbarer Lust am Werk ist, auch körperlich alles ab. Lange nicht mehr hat man Schauspieler derart ungeniert fallen, aufprallen oder hinsegeln sehen. Die Regie begeht nicht den Fehler, das Chaos bis in den Wahnsinn zu steigern. Gerade weil Stefan Diekmann als Eric jede noch so absurde Volte mit trockener Pragmatik präsentiert und ihre faktischen Folgen durchinszeniert, steht der Abend immer wieder kurz vor der Explosion, findet aber doch noch eine weitere Schraubendrehung in die Groteske. Neunzig Minuten beste Unterhaltung, mehr kann man nicht verlangen.

„Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ | R: Tobias Materna | 3., 20.4. 19.30 Uhr | Schauspiel Essen | 0201 81 22 200

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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