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„Aufstand“
Foto: U. Stratmann

Herr Engels verschwindet

26. April 2012

Kammeroper an der Wuppertaler Bühne - Theater Ruhr 05/12

Im brodelnden Tal der Wupper. Gottfried Jansen (Olaf Haye) besitzt dort einen Webereibetrieb, der mithilfe diverser Kredite aus Adels-Mischpoke und Bourgeoisie immer besser floriert. Seine beiden Töchter Graziella (Kristina Stanek) und Susanne (Dorothea Brandt) stammen aus dem Bildungsbürgertum der damaligen Zeit, Graziella sympathisiert offen mit den Aufständischen, wird „die Rote“ gerufen. „Es ist der Engels, der dir das alles eingibt“, da ist sich Vater Jansen ganz sicher, doch sie kontert: „Herr Vater, du handelst ganz nach deinem Klassengeiste.“ Genau. Herr Engels schreibt und schreibt, und die Verwicklungen nehmen ihren Lauf.

Die Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel haben ein Libretto für die Oper Wuppertal geschrieben, vertont hat es Enver Yalçin Özdiker, ein junger Komponist aus Ankara. Hausherr Christian von Treskow inszeniert die 80minütige Oper für sieben Sänger, elf Musiker und Friedrich Engels als Performance an acht identischen Tischen: Es wird ein Klassenkampf, der zwar kausal, aber dennoch völlig unnötig eine Familie zerstört.

Das ausgezeichnete Wuppertaler Sinfonieorchester in Kammerbesetzung unter der Musikalischen Leitung von Tobias Deutschmann sitzt hinter modernen Kunststofflamellen, und über allem thront fast höhnisch das christliche Christmas-Spruchband: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Özdiker, der in Essen lebt, hat eine Musik geschrieben, die in ihrer Tonalität dem revolutionären Geschehen ständig neue Substanz verleiht, nur in manchen Szenen noch zu behutsam wirkt. Das Schlagwerk mauert da ein wenig hinter den interessanten Ton- und Geräuschfolgen, die Gesangspartien überzeugen durchweg. Auch der Kontrast zwischen historischer Kostümierung und zeitgenössischem Bühnenbild (Dorien Thomsen) nebst Megafon ist überaus reizvoll.

Die Regie reizt die Funktion von Tischen auf der Bühne aus, die von Abendmal-Assoziationen beim Aufruf zum Widerstand bis hin zum schnöden Utensil zum Barrikadenbau reicht. Auch als Aufbahrung für den gefallenen Major müssen sie herhalten. Dessen Tod, den auch der junge Anton zu verantworten hat, macht die Schwestern zu erbitterten Feindinnen, die sich am Ende selbst ums bourgeoise Leben bringen. Herr Engels hat da bereits neue auswärtige Termine.


„Aufstand“ I So 13.5., 18 Uhr I Kleines Schauspielhaus Wuppertal I 0202 569 44 44

PETER ORTMANN

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