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„Die im Schatten leben“
Foto: Sophia Remer

Heute ein Mythos

28. Juni 2018

„Die im Schatten leben“ vom Rottstr 5 Theater – das Besondere 07/18

1899. Zu dieser Zeit sieht es hier noch anders aus: Das Ruhrgebiet ist geprägt von Kohle, die aus den Schächten in der Tiefe geholt wird, die den Bergleuten ins Gesicht geschrieben steht und die in winzigen Partikeln durch die sie umgebende Luft schwirrt – ob unter oder über Tage. Hätte es im Jahr 1899 einen Staatenbund gegeben, der sich um Schadstoffgrenzwerte schert, er hätte ein Verbot der Zechen gefordert. Aber 1899 ist anders. Es gibt keine EU, die Messstationen aufstellt oder die Luftqualität in Städten anprangert; auch wird es noch lange dauern, bis die Fabriken der Region zu Museen und Theatern werden, bis Bahntrassen Fahrradwege werden und Zollverein Weltkulturerbe. 1899 – genau hier setzt das Rottstr. 5 Theater mehr als 100 Jahre später an, um in der Zeit zu reisen.

Denn während im letzten Jahr der Steinkohleförderung die Museen im Ruhrgebiet mit 17 Ausstellungen die Symbiose von „Kunst & Kohle“ endgültig besiegeln, geht der Geheimtipp der regionalen Theaterszene mit dem Drama „Die im Schatten leben“ zurück an den Anfang der Industrialisierung: Detailgetreu und mit einem Blick für das Gegenwärtige reiht sich Emil Rosenows Theaterstück als naturalistische Milieustudie ein in die Riege jener Dramen, die ihre Augen nicht vor den Missständen ihrer Zeit verschließen. Heute gilt es als vergessen. Umso bedeutender ist daher sein Erscheinen im Programm des hiesigen Kunstmarathons, skizziert es doch vor allem in der Retrospektive von Strukturwandel, Zechensterben und grünen Hauptstädten den weiten Weg, den diese Region bereits hinter sich gelegt hat.

Rosenows sozialpolitisch geprägtes Theaterstück ist zur Basis eines 45-minütigen szenischen Vortrags geworden, der an eben jenen Orten dargeboten wird, die genauso für den Wandel stehen wie stillgelegte Zechen und Fördertürme: Kunstmuseen. Im Juli ist er im Duisburger Lehmbruck Museum, im DKM und im Josef Albers Museum Quadrat in Bottrop zu sehen. Dem Ensemble um Regisseur Hans Dreher gelingt dabei mit Rosenows Drama ein wichtiger Beitrag, der an eine Welt erinnert, die heute Mythos ist und mit der doch alles angefangen hat.

„Die im Schatten leben“ | So 1.7. 15 Uhr im Josef Albers Museum Quadrat Bottrop | So 8.7. 15 Uhr im Lehmbruck Museum Duisburg | So 22.7. 12 Uhr im DKM Museum Duisburg | www.rottstr5-theater.de

Barbara Slotta

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