Ein Kommen, ein Gehen, ein Suchen, ein Finden. Irgendwo. In Bewegungsmustern, die auf der Bühne der Bochumer Kammerspiele ungewöhnlich sind. Breakdance gehörte nun einmal auf die Straßen der Welt, nicht auf die Bretter, die sie wohl bedeuten. Das Ensemble von „Irgendwo“ ist Renegade aus Herne, für fünf Jahre „in residence“ am Schauspielhaus. Sie arbeiten für jeweils ein Stück mit immer neuen Choreografen zusammen, werden aber auch in Produktionen des Hauses eingesetzt. Das Tanztheater, einst von Reinhild Hofmann zur Blüte gebracht, hat in der Stadt wieder eine Heimat gefunden.
Die Bühne ist leer, nur Holzkästen bilden ein grundsolides Fundament für artistischen Tanz, für abgedrehte Bewegungen und fein gestaltete Bewegungsabläufe. Hier begegnen sich fünf Breakdancer und vier zeitgenössische Tänzer. Sie bauen aus den Kisten Hindernisse, um sie zu überwinden, stapeln in die Höhe, um sie dann zu erklimmen, und sie erfinden Mechanismen, die diesen Bauklötzen fast ein Eigenleben einhauchen, sie wahlweise bedrohlich oder wie Spielsteine wirken lassen. Diese erste Choreografie stammt von Malou Airaudo, die jahrelang Tänzerin bei Pina Bausch in Wuppertal war. Einige Elemente wie Wiederholungen und Bewegungsmuster erinnern an die Grande Dame des Tanztheaters, aber Airaudo kopiert nicht, sie schafft einfach nur Neues aus Vorhandenem. Dass dabei auch mal eine Bauchmuskelwelle über den Körper eines der Breaker rollt, hat Charme, Witz und Unterhaltungswert, und selbst der Maschinen-Sound des Ruhrgebiets findet sich da wieder.
Es ist ein andauerndes Auf und Ab, das Malou Airaudo da mit den jungen Tänzern einstudiert hat, es ist ein solches Wechselspiel der Temperamente, der Stile und der Geschwindigkeit und eines schier unerschöpflichen Ideenreichtums, dass die Zuschauer nach 75 Minuten wie ein Vulkan explodieren. Solch großer Jubel hat hier nur ganz selten stattgefunden. Auch Zekai Fenerci, Gründer und Leiter vom Renegade Theatre ist überwältigt. Mit der zehnten Produktion scheinen die Straßentänzer irgendwie angekommen zu sein – im Theater-Establishment.
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 01/25
Brautkleid aus reinster Haut
„Subcutis“ in Mülheim a. d. Ruhr und Köln – Theater Ruhr 01/24
Trance durch Kunst
Die Reihe Rausch 2 in Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 11/23
Brecht im Discounter
„Der gute Mensch von Sezuan“ am Grillo-Theater in Essen – Theater Ruhr 10/23
Bretter der Kulturindustrie
„Das Kapital: Das Musical“ im Schauspiel Dortmund – Theater Ruhr 10/23
Siehst du, das ist das Leben
„Der erste fiese Typ“ in Bochum – Theater Ruhr 06/23
Der gefährliche Riss in der Psyche
„Die tonight, live forever oder das Prinzip Nosferatu“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 04/22
Unberührbare Souveränität
Frank Wedekinds „Lulu“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Theater Ruhr 03/20
Totenmesse fürs Malochertum
„After Work“ in den Bochumer Kammerspielen – Theater Ruhr 02/20
Gespenstisches Raunen
Die Performance „Geister“ am Schauspielhaus Bochum – Theater Ruhr 02/20
Drei wilde C´s im Schnee
„After Midnight“ im Essener Grillo – Theater Ruhr 02/20
Von Büchern überschüttet
„Sokrates der Überlebende / Wie die Blätter“ in Mülheim – Theater Ruhr 02/20
Tragödie mit Diskokugel
Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“ in Oberhausen – Theater Ruhr 01/20
Ein hochemotionaler Spiegel
Khaled Hasseinis „Drachenläufer“ in Castrop-Rauxel – Theater Ruhr 01/20
Donna Quichotta der Best Ager
„Linda“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Theater Ruhr 01/20
Spiegelei, Toast und Tier
„Das Reich der Tiere“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 12/19
Heute geht es auch ohne Brandbeschleuniger
„Biedermann und die Brandstifter“ in Essen – Theater Ruhr 11/19
Desinfiziert und doch tot
„Die Pest“ in Moers – Theater Ruhr 11/19
Wenn Datenberge erodiert sind
„Identität“ in Dortmund – Theater Ruhr 11/19
Biografisches Sightseeing
Babett Grube inszeniert „Alles ist wahr“ in Oberhausen – Theater Ruhr 11/19
Amouröse Programmierung
„Ein Sommernachtstraum“ am Theater Oberhausen – Theater Ruhr 07/19
Mit Drogen locker durchs Leben
Huxleys „Schöne neue Welt“ in Bochum – Theater Ruhr 07/19
Aufm Arbeitsamt wird gesabbert
„Willems wilde Welt“ von theater glassbooth – Theater Ruhr 07/19
Morden als Maloche
Harold Pinters „Der Stumme Diener“ in Essen – Theater Ruhr 06/19
Schaut wie die Kirschbäume fallen
„Der Kirschgarten“ in Essen – Theater Ruhr 06/19