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Jascha Sommer als Elisabeth Trautmann
Foto: Stephan Glagla

Wenn ich nicht wäre, was ich geworden bin...

19. April 2016

Performance-Installation von Anna Kpok im Maschinenhaus Essen – Theater Ruhr 04/16

„Hallo, mein Name ist Jascha Sommer, ich bin 29 Jahre alt. Ich könnte aber auch jemand ganz anders sein.“

Eine Bestuhlung gibt es an diesem Abend (17.4.) nicht im Maschinenhaus Essen. Es herrscht eine museale Atmosphäre, mit leiser Loungemusik und viel Platz zum herumlaufen. Schmale Stoffbahnen bilden drei halbrunde Zelte, in denen jeweils ein Fernseher steht. Aufgerollte Teppiche davor laden zum sitzen ein. Auf einer einzelnen Leinwand ist der junge Mann zu sehen, um den es heute Abend gehen soll, dieser Jascha Sommer. Oder wird es eher darum gehen, wer er nicht ist?

Jascha Sommer und sein Team haben zehn Menschen gebeten, aus ihrem Leben zu erzählen. Rückblickend aus der Sicht ihres 29jährigen Ichs. Was war ihnen damals wichtig? Welche Ängste trieben sie um? Was für Ziele haben sie verfolgt? Diese Erzählungen wurden verfilmt. In der Hauptrolle: Jascha Sommer. Mit langem, schwarzem, angeklebten Bart als Hassan Shahin, dem heutigen Initiator des Taranta Babu in Dortmund. Oder als dynamischer Jungarchitekt Benjamin Siebert mit Poloshirt und schicker Brille. Oder als Pfarrgehilfin Elisabeth Trautmann, in „Sepia“- Farbtöne getaucht.

Auf den drei Fernsehern werden die Filme gezeigt, hörbar über Kopfhörer. Das Publikum wandert zwischen den Filmen hin und her. Sommer erzählt die eigentlich fremde Geschichte aus der Ich-Perspektive, immer mit dem Anfang: „Hallo, mein Name ist Jascha Sommer, ich bin 29 Jahre alt.“ Dann, im Gegenschnitt, sehen wir die Befragten persönlich, wie sie die ganz großen Fragen des Lebens beantworten: Bist du so geworden, wie deine Eltern? Was ist dein Verhältnis zum Tod? Später zeigen anrührende Bilder die zehn Befragten, während sie Jascha Sommer dabei zusehen, wie er ihre Geschichte erzählt. Das sind wunderschöne Momente: Zusehen zu dürfen, wie diese Menschen in ihrer Biographie zurückgehen, sich dadurch selbst quasi von außen betrachten, mal lächelnd, mal Kopf schüttelnd, aber immer mit großem Wohlwollen für die eigene Geschichte.

Jascha Sommer entwickelt sein Format über Selbstkonstruktionen und biographisches Erzählen seit zwei Jahren stetig weiter. Er setzt sich dafür auch dem Publikum aus: Über Leinwand ist er live dabei zu beobachten, wie er sich umzieht, auszieht, abschminkt und wieder neu schminkt – und wieder andere Lebenserzählungen vorträgt. Er unternimmt dabei keinen Versuch der perfekten Imitation, sondern wahrt respektvoll den Abstand zu seinen „Originalen“. Der Abend ist eine ambitionierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich, die als solche sehr gelungen ist. Sie lässt aber weiterhin Raum zur Weiterentwicklung, denn eine Einordnung in einen größeren Kontext wäre wünschenswert. Gerne bei „Jascha Sommer, 30“.

Jascha Sommer, 29/ Offenes Atelier | Mi 20.4. 18.00 Uhr | Eintritt frei!

Lisa Kerlin

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