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„Frühlings Erwachen“
Foto: Axel J. Scherer

Jugend war noch nie einfach

29. März 2012

„Frühlings Erwachen“ in Oberhausen - Theater Ruhr 04/12

Die Krankheit der Jugend endet manchmal tödlich. In „Frühlings Erwachen“ nach Frank Wedekind in Oberhausen ist es der verzweifelte Moritz, der sich aus Angst erschießt, weil er glaubt, dass er seine Eltern mit seinen schulischen Leistungen enttäuscht hat. Dabei hatte alles so harmlos angefangen im Haus der Jugend am John Lennon Platz, wo die zum ersten Mal verliebte Wendla (Elisabeth Wolle) ihren 14. Geburtstag feiert. Mit Bier und Chips und Zigaretten. „Voll die geile Party“ eben, bis Mama (Anna Polke) kommt, um den traditionellen Nudelsalat zu bringen und Ordnung zu schaffen in der verqualmten Bude und im Habitus ihrer Tochter, die ihr immer weiter zu entgleiten droht.

Karsten Dahlems Version des alten Wedekind-Klassikers von 1891 ist mit Zeitgeist aufgepeppt und bringt die Zuschauer zum Laufen. Quer durch das Jugendhaus müssen sie der Handlung folgen, werden nach Männlein und Weiblein geteilt, in kleine Zimmer gepackt und mit den Sorgen und Nöten der Heranwachsenden bombadiert. Die Fete hat sich verselbstständigt. Wendla und ihre Freundinnen, die aufmüpfige Ilse (Manja Kuhl) und die von ihren Eltern misshandelte Martha (Nora Bulzaka), wollen Jungs anmachen, die Jungs wollen eigentlich mehr, gelernt haben sie in der Schule schließlich auch, dass selbst in konjugieren die Gier steckt. Die ganze Schüler-Harmlosigkeit eskaliert in Gewalt, Geschrei, Sex und undefinierbaren Ängsten, die dann im Innenhof beim auf Video angekündigten Selbstmord endet. Sehr professionell handhabt Eike Weinreich da den Theaterblutbeutel.

Regisseur Dahlem führt die Zuschauer zurück in den ursprünglichen Saal, die Lauferei mit ihren Pausen nervt ein wenig, doch die finalen Bilder entschädigen. Man trifft sich zur Beerdigung, Moritz‘ Vater (Marek Jera) ist am Boden zerstört, Freund Melchior (Sergej Lubic) glaubt, etwas falsch gemacht zu haben. Hinter den hochgedrehten Rollos taucht draußen der Geist von Moritz auf, er versucht verzweifelt, auch seinen Freund in den Tod zu ziehen. Doch der widersteht. Eine Inszenierung mit Ecken und Kanten und vielen Wegen, die nicht ganz schlüssig sind, aber eine, die auch beweist, dass die Probleme pubertierender Jugendlicher seit dem 19. Jahrhundert zeitlos sind.

„Frühlings Erwachen“ I Di 17.4., 20 Uhr I Haus der Jugend, Oberhausen I 0208 857 81 84

PETER ORTMANN

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