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„Oper légère“
Foto: Presse

La Traviata zu zweit

29. November 2012

„Oper légère“ im Essener Theater im Rathaus – Theater Ruhr 12/12

Die Welt der Oper ist voller Symbolik und Verschlüsselungen. Wer tiefer darin eintauchen möchte, muss schlaue Bücher wälzen oder sich in dröge Einführungsvorträge setzen. Sängerin Franziska Dannheim bietet neuerdings einen weiteren, wesentlich unterhaltsameren Zugang: die „Oper légère“. „Eine Stimme, ein Piano, eine Oper“ sind die Zutaten, mit denen Dannheim und ihre pianistische Begleiterin Jeong-Min Kim einen ganzen Abend auf der Bühne des Theaters im Essener Rathaus bestreiten. Das Rezept ist eine gut abgestimmte Mischung aus informativem Hintergrund, amüsanten Anekdoten und einem musikalischen Schnelldurchgang mit allen zentralen Arien. Dabei sind es keineswegs allein die Sopran-Arien, die Dannheim vorträgt. Besonderen Spaß bereiten ihr die Baritonpartien, selbst Bass-Arien transponiert sie in ihre Stimmlage.

Unterhaltsam ist dieser musikalische Parforce-Ritt für den blutigen Opernneuling genauso wie für den Kenner. Denn die Sängerin weiß weit mehr zu erzählen als im Opernführer steht. Für Verdis „La Traviata“ schlägt sie den Bogen von Schneewittchen über Dumas’ „Kameliendame“ bis zur „Pretty Woman“. Wie für kaum ein anderes Stück gilt bei der Traviata: Lasst Blumen sprechen. Die Kamelie fungiert als Sinnbild für Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit. Wen wundert’s, dass ausgerechnet die Schwindsucht die zarte Kurtisane hinwegrafft. Mit roten und weißen Kamelien signalisiert sie ihren Verehrern die aktuelle körperliche Befindlichkeit. Zumindest in der literarischen Vorlage, der „Kameliendame“ von Alexandre Dumas, tut sie das und heißt dort noch Marguerite, also Gänseblümchen. Verdi ist bei den Einzelheiten der Halbwelt weniger explizit und tauft seine Traviata, die „vom Weg Abgekommene“, in Violetta, das bescheidene Veilchen, um. Bei „Pretty Woman“ ist daraus schließlich eine Vivian, eine „Lebhafte“ ohne Blümchenname, geworden.
Dass die freie Liebe jenseits gesellschaftlicher Konventionen weder für Dumas noch für Verdi die reine Theorie bedeutete, bleibt an diesem Abend nicht unerwähnt. In Originalbriefen lässt Dannheim beide Künstler persönlich zu Wort kommen. Und sie löst auch manchen Widerspruch auf, der sich zwischen Handlung, den wahren Absichten der Figuren und dem Charakter der Musik ergibt. Denn eine vergiftete Arie, so lernen wir, kann durchaus tödlich sein.

Oper légère | So 3.2. 11 Uhr | Theater im Rathaus, Essen | 0201 2 45 55 55 | www.theater-im-rathaus.de

KARSTEN MARK

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