Bessere Musik als die von Bach und Vivaldi hätte man sicher nicht auswählen können: So traurig, wie diese melancholischen Klassiker vor dem Vortrag von Klaus Steigleder über Klimaethik in der Zukunftsakademie erklingen, so sehr bedrücken einen auch die Fakten über den Klimawandel, über die der RUB-Professor für Ethik referiert.
Doch unter dem Motto „Wissenschaft trifft Kunst trifft Kneipe“ wollte man vor allem in verschiedenen „Slam Shots“ Alternativen zum gegenwärtigen Klimawandel aufzeigen. Wie diese aussehen können, das wurde beim Natur-Festival sowohl in Performances, Theater- und Filmaufführungen oder kreativen Mitmach-Aktionen gezeigt. Genauso aber auch mit Vortrags- und Diskussionsabenden rund um das Bermudadreieck.
Steigleder beleuchtete das Thema aus ethischer Perspektive, der „moralischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Klima.“ Herauszuheben sei dabei, wie er betonte, „dass wir gerade einen von uns selbst gemachten Klimawandel erleben und das Dramatische ist, dass es nicht im allgemeinen Bewusstsein ist.“ Als Philosoph, der an der RUB unter anderem im Gebiet der Risikoethik forscht, fragte er zunächst nach dem, was im Zusammenhang mit dem Klima riskiert werden kann, nach Verbot und Erlaubnis von (individuellen) Handlungen, die zu bestimmten riskanten Handlungen führen. Wie viele andere ReferentInnen des Natur-Festivals trug er nicht nur Mechanismen und Methoden vor, um dem Klimawandel entgegen zu wirken, sondern wies auch auf die Dringlichkeit hin: „Ich bin kein Aktivist, aber ich habe den Eindruck, dass es ein moralisches Gebot der Stunde gibt und das heißt, zum Aktivisten zu werden.“ Den vielen jungen Gesichtern im Saal konnte der Philosophie-Professor immerhin ein wenig Mut machen: „Sie, so jung wie sie da sitzen, werden dramatische Veränderungen erleben. Das ist nicht schön, dass es so ist, aber vielleicht liegt darin eine Hoffnung, dass diejenigen, die davon betroffen sein werden, auch gezwungen sind zu handeln.“
Wie dringend ein globales Handeln ist, verdeutlichte auch die Einführung in das Thema Nachhaltigkeit des Ökologen Stephan Wallaschkowski von der Hochschule Bochum. In der dunklen Kneipen-Atmosphäre des Freibad klärte er zunächst darüber auf, wie wenig die bisher von den Regierungen gesteckten Ziele bewirken. So bedeute eine Reduzierung der Erwärmung auf zwei Grad, wie in Kopenhagen festgelegt, nur dass die Folgen noch beherrschbar wären – z.B. in Form von Dämmen vor den Küsten. Denn der Meeresspiegel wird trotzdem ansteigen – um zwei Meter, wenn es wie bisher weiter geht, wie Wallaschkoski erläutert: „Bei sechs Meter wäre Holland nicht mehr da.“ Auch die anderen dramatischen Konsequenzen zählte der Ökologe auf: Dürre und Hunger, Umweltkatastrophen und Umweltflüchtlinge (die die aktuellen Flüchtlingsströme bei weitem in den Schatten stellen). Als wichtige Strategie der Nachhaltigkeit stellte er vor allem die Idee der Suffizienz vor, das heißt, sich um einen möglichst geringen Ressourcen- und Energieverbrauch zu bemühen und unseren „ökologischen Fußabdruck“ zu reduzieren. „Wir verbrauchen ungefähr anderthalb so viele Ressourcen im Jahr, wie es auf dem Planeten gibt“, so Wallaschkoswki. „Wir brauchen einen neuen Planeten.“
Besonders ein Adjektiv wurde von Referenten und DiskutantInnen besonders häufig ausgesprochen: „dramatisch“. Denn die Zeit, etwas zu tun, drängt. Gelegenheit dazu wäre im Dezember. Dann steigt in Paris die Klimakonferenz.
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