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Falsche Besetzung, Adele (A. Schäfer) und Herwarth (W. Boelzle)
Ursula Kaufmann

Nibelungentingeltangel

04. April 2011

Uraufführung von „Mein lieber Schwan“ - Theater Ruhr 04/11

Ein tolles Jahr irgendwann in den 1930ern. Kultur wird groß geschrieben. Selbst in der bereits bräunlichen Provinz, wo der Musikverein Walhalla einen konzertanten Ring erwartet. Die Kneipen-Bühne in Wippelsdorf ist bereit für einen Wagnerabend, mitten darauf sitzt ein riesiger Operetten-Schwan. Pech für Adele Würmeling und Herwarth Moksch, die beiden sind trotz Auftrittsverbot durch die Nazis und nur aufgrund einer Fehlbuchung ihrer Agentur hier. Im Gasthof sitzt bereits die bäuerliche Hörerschaft, die nun nichts anderes erwartet als eine konzertante Version des Nibelungenrings, trotz des weißen Geflügels. Die zwei mimen also notgedrungen zwei Größen der deutschen Opernbühne, pressen ihre Gassenhauer ins Wagnersche Totaldrama.

„Männer um­schwirr’n mich wie Sprotten die Gischt“. Adele Würmeling quält sich förmlich durch den ersten Ring-Abend mit Rheingold, während ihr Partner die Handlung ausladend deklamiert. Das ist alles höchstamüsant, auch durch das siebenköpfige Ensemble der Bochumer Symphoniker, die unter der Leitung von Harry Curtis die Berliner Salonära mit den Erfolgen von Ralph Benatzky, Friedrich Hollaender und Oscar Straus aufleben lassen, selbst wenn diese sich sicher dabei ein wenig unwohl gefühlt hätten. Es war der Auftakt für das Projekt „Die Wunde Wagner“, mit dem die Symphoniker insbesondere an die Künstler erinnerten, die in Deutschland nach 1933 keine Heimat mehr hatten. Geschrieben hat die musikalische Komödie "Mein lieber Schwan" Jan Demuth, lange Jahre Dramaturg im Bochumer Prinz Regent Theater. Gekonnt um den Schwan herum inszeniert hat Hausherrin Sibylle Broll-Pape, die es dabei durch schlichte Eleganz bei der Personenführung auch schafft, billiges Schenkelschlagen zu vermeiden. Anna Schäfer und Wolfram Boelzle schlagen sich dafür stimmlich hervorragend vor Walhalla Wippelsdorf, auch ein paar böse verbale Seitenhiebe auf die Nazis fehlen nicht. Die Komödie wird, wie könnte es anders sein am Ende, zum Drama. Die braunen Häscher haben den Schwindel durchschaut und warten gespannt in der Garderobe. Dunkel wird die Kneipen-Bühne. „Götterdämmerung“ in der Stille. Nur das Kratzen einer Grammophonnadel ist noch zu hören. Dann fallen zwei Schüsse.

„Mein lieber Schwan“ von Jan Demuth
R: Sibylle Broll-Pape
Fr 15.4., Sa 16.4., je 20 Uhr
Prinz Regent Theater Bochum
0234 77 11 17

Peter Ortmann

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