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Eine frühe Feministin: Kriemhild (Katja Uffelmann)

Rache für Siegfried

28. Juli 2011

Nibelungen 6 im Bochumer Rottstr5 Theater - Theater Ruhr 08/11

Zum sechsten Mal hat es nun in der Bochumer Rottstraße eine Nibelungen-Premiere gegeben. Wie schon im fünften Teil steht eine Frau allein auf der Bühne: Kriemhild (Katja Uffelmann). Die leidet darunter, ihren Siegfried verloren zu haben; die Schuldgefühle hat, weil sie seine verwundbare Stelle an Hagen von Tronje, den Mörder, verriet. Sie tat es zum Schutze Siegfrieds und wurde so doch zur Mitschuldigen. Kriemhild, die Rache schwört. Rache am Mörder Hagen. Sie ist bereit für Hagens Tod zu sterben, tötet mich, wiederholt sie einige Male. Denn ohne Siegfried möchte sie nicht leben, er war ihre zweite Haut. Sie wird Hagen eigenhändig töten – sie als Frau. Für ihren Gegner könnte es keine größere Provokation geben.

Regisseur Ulf Goerke benutzt die Figur Kriemhilds als Projektionsfläche für Frauen, die für ihr Recht, gegen ihre Unterdrückung kämpfen und sich in der von Männern dominierten Welt durchzusetzen wissen. Klischeehafte Vorstellungen der sexuell frustrierten, hysterischen, ständig weinenden Frau werden lächerlich gemacht und Standarderklärungen (Sie hat ihre Tage. Das liegt an der Pille.) für Depressionen und Ängste von Frauen dementiert. Männer, die zu Waffen greifen, seien Helden; Frauen, die versuchten sich zu wehren, würden verlacht, kritisiert Kriemhild.

Auf äußerst beeindruckende Weise beleuchtet Uffelmann die verschiedenen Facetten der Kriemhild. Dabei bewegt sie sich kaum, steht auf einem Podest auf einer ansonsten ungewohnt leeren Bühne. Eine der wenigen Requisiten ist das Reclamheft des Nibelungenliedes, aus dem sie Siegfrieds Todesszene zitiert und parodiert. Am Ende der Inszenierung hat Kriemhild es geschafft; sie ist frei. Gelöst und ungebunden schwebt sie über die Bühne. Auf ins Land der letzten Dinge. Die Inszenierung schafft es hervorragend Kriemhild als Kämpferin für das Recht der Frau auf Selbstbestimmung zu zeigen, dabei jedoch ihre eigene Unmenschlichkeit und Grausamkeit nicht auszublenden. Ihr Anspruch gehört zu werden, Mitspracherecht zu haben, wird geschickt zur allgemeingültigen Forderung erhoben. Wieder ein sehr gelungener und eindrucksvoller Abend.

Nibelungen 6 - Kriemhild in Bombenstimmung von Ulf Goerke und Matthias Wulst I R: Ulf Goerke I Rottstr5 Theater Bochum I Weitere Vorstellungen im September I 0163 761 50 71

Weitere Texte zum Thema:
Tohuwabohu geht weiter - Rezension von "Nibelungen III: Isenstein"
Nibelungen mal anders - Rezension von "Nibelungen II: Siegfrieds Tod"

ALEXANDRA BRUNDIERS

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