Eigentlich soll es im Stück über Romeo und Julia um aufrichtige Liebe gehen, doch wie so oft auf dieser Welt geht es eher um Besitz und Macht. Zwei Familien in Norditalien sind verfeindet, die Mitglieder bekämpfen sich auf offener Straße. Dabei handelt es sich nicht um die Mafia, nicht um die Roten Brigaden, nein, eher um Neureiche des 16. Jahrhunderts, die mit dem Adel konkurrieren. Schon damals gab es also in Verona diese militanten Familienclans wie heute zum Beispiel in Berlin-Neukölln – und wieder sind es die jungen Burschen, an denen das ganze Dilemma kleben bleibt. Beim alten Shakespeare sind es Tybalt und Mercutio. Auch in der Tragödie um das berühmte Liebespaar Romeo und Julia spielen alternative Wahrheiten und schlechte Informationspolitik eine große Rolle. Hätte das Desaster also verhindert werden können? Hätten die beiden glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben können? Ich habe da so meine Zweifel. Selbst der letztliche Frieden zwischen den Montagues und den Capulets dürfte kaum lange Bestand haben.
Es bleiben aktuelle Fragen, die bis heute diskutiert werden können und müssen. Diesen stellen sich gerade insbesondere Altersgenoss:innen von Romeo und Julia – beide sind wohl so um die 14 Jahre alt – am Schauspiel Essen: Wie entstehen Ausgrenzung und Feindschaft? Warum sind sie heute noch so große Probleme? Und gibt es eine Antwort, wie Hass an sich überwunden werden kann? Nur mit Liebe scheint das heute nicht mehr zu funktionieren. Die Jugendlichen in Essen entwickeln beim Langzeitprojekt „Star-Crossed Lovers“ deshalb eine neue Erzählung von William Shakespeares „Romeo und Julia“. Schon seit Ende 2023 binden Künstler:innen des Schauspiels Essen Schüler:innen in ihre Arbeit mit ein. Am Ende der Zusammenarbeit stehen neue Sichtweisen und vielleicht auch Erkenntnisse über die gelenkten Mechanismen von Gewalt und Hass in der Gesellschaft. Außerdem sind die jungen Menschen der Stadt dann zusammen mit den Schauspieler:innen am Grillo-Theater auf der Bühne zu sehen.
Star-Crossed Lovers | 13. (P), 17., 27.4. je 19.30 Uhr, 28.4. 16 Uhr | Grillo-Theater, Essen | www.theater-essen.de
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