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Frank Weiß inszeniert die„Tschick“-Fortsetzung u.a. mit Miriam Berger
Foto: Sandra Schuck (l.)/Presse (r.)

Sterne, Müll und Glasfaser

28. Januar 2016

Die „Liebe“ an zwei Ruhrgebiets-Theatern – Prolog 02/16

Im Märzen der Bauer …, vergessen wir diesen Scheiß. Rösser sind nur noch in Haft für die Freizeit, den Rest der Landwirtschaft haben längst militante Konzerne wie Monsanto unter Kontrolle. Und Kultur, oder besser Kulturlandschaften, ja wo haben wir die denn noch? Im Kamener Kreuz vielleicht. Dort hätte man vielleicht auch einer gewissen Isa begegnen können. Irgendwann im Sommer vielleicht. Manche kennen sie bereits aus dem Jugendroman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf. Dieses starke Mädchen, das barfuß über die Müllberge gestreift ist, den beiden reisenden Jungen auf die Sprünge half und irgendwann wieder verloren ging.

Herrndorf, der sich 2013 am Ufer des Berliner Hohenzollernkanals wegen seiner fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankung erschoss, hat in seinen letzten Wochen eine Fortsetzung für dieses Mädchen geschrieben, die posthum als nachgelassener unvollendeter Roman „Bilder deiner großen Liebe“ mit seinem Einverständnis veröffentlicht wurde. Längst hat der Text auch die Theaterbühnen erreicht, kein Wunder ist Herrndorfers „Tschick“ seit 2010 doch ein mächtiger Sitzreihenfüller geblieben. Zu Recht natürlich, und dennoch ist es schön, dass sich das Bochumer Prinz Regent Theater mit Frank Weiß dem leider finalen Werk des großen Germanisten-Hassers stellt und es Ende Februar zur Premiere bringen wird. Das sollte im Ruhrgebiet niemand verpassen, der an Isas irrwitziger Geschichte interessiert ist und natürlich den Roman nicht schon längst gelesen hat, oder gerade deshalb. „Bilder deiner großen Liebe“ oder Outsider aller Welt vereinigt euch.

Denn digitales Amüsement kann dem Wüten der Elemente nicht das Wasser reichen, geschweige denn einen einzelnen Pixel. Die Gegenbewegung zu Herrndorfers Fragment über Isa ist ein Multimediakonzern, dessen Erfindung menschliche Bewegung nicht mehr nötig macht, und über Cyborg-Körper, an denen nur noch der Kopf biologisch ist, nachdenken lässt. Denn in Zeiten der planetenumwickelnden Glasfaser wissen wir, weite Ferne gibt es doch gar nicht mehr. Das verkündet auch das Werbe-Motto („Mit Skype bleibt die Welt im Gespräch“) des kostenlosen Chat-Dienstleisters Skype, der es nicht nur in den Duden geschafft hat. Vor zwölf Jahren noch Start-Up Unternehmen, heute ein weltweit operierendes Unternehmen im Microsoft-Portfolio. Über alle Grenzen hinweg schaut man sich in digitale Augen, vorausgesetzt man besitzt ein kleines Gerät dafür und etwas Energie. „Die Liebe in Zeiten der Glasfaser“ ist ein Abend für die Dortmunder Ersatzspielstätte Megastore. Inszeniert und entwickelt vom künstlerischen Leiter vom Theater im Bahnhof in Graz, Ed Hauswirth, und vier Schauspielern vom Schauspiel Dortmund, denn nie gab es mehr Liebespaare, die freiwillig oder auch nicht dauerhaft weit voneinander getrennt lebten und das ist ja irgendwie auch ein Wert an sich. Für wen? Ich zitiere Kurt Sauer, Leiter der Sicherheitsabteilung von Skype: „Wir stellen eine sichere Kommunikationsmöglichkeit zur Verfügung. Ich werde Ihnen nicht sagen, ob wir dabei zuhören können, oder nicht.“

„Bilder deiner großen Liebe“ | R: Frank Weiß | Do 25.2.(P) 19.30 Uhr | Prinz Regent Theater Bochum | 0231 502 72 22

„Die Liebe in Zeiten der Glasfaser“ | R: Ed Hauswirth | Do 25.2.(P) 19.30 Uhr | Megastore Dortmund | 0234 77 11 17

PETER ORTMANN

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