Das Grauen kommt schleichend, nicht nur für die Zuschauer, auch für die Schauspieler auf der Bühne. Das Theaterstück „Verbrennungen“ des libanesisch-kanadischen Autors Wajdi Mouawad kennt keinen Ort, benennt weder Täter, noch Opfer mit Nationalitäten, dennoch ist der Nahe Osten wohl Schauplatz
des antiken Ringens um Krieg, Niedertracht und Vergeltung. Im Bochumer Prinz Regent Theater wurde so dicht inszeniert, so intensiv gespielt, dass zwischen Schluss und Applaus jene kurze Stille entstand, die nur sehr selten vorkommt.
Jeanne und Simon ist die Mutter gestorben, nachdem sie monatelang nicht mehr gesprochen hatte. Zwei Briefe hat sie ihnen hinterlassen: einen an den totgeglaubten Vater, einen an einen bis dato unbekannten Bruder. Die Suche nach den eigenen Wurzeln führt die Geschwister gezwungenermaßen in die kollektive Tragödie eines Krieges ihrer Mutter zurück, einer brutalen, menschenverachtenden Auseinandersetzung, von der sie keine Ahnung hatten und die ihre eigene Realität am Ende in Stücke schneidet. Theaterchefin Sibylle Broll-Pape schafft es in einem spärlichen Bühnenbild mit klugem Realismus und drehbarer Videowand, diese bösartige Atmosphäre stückchenweise auf- und wieder abzubauen. Eine Kamera pirscht sich dazu an das überzeugende Ensemble heran, erzeugt monochrome Videobilder, dokumentiert Vergangenes, sichert Spuren. Selten bricht die Regisseurin das Grauen mit humorvollen Einlagen, lieber lässt sie die Schauspieler wie in kurzen Standbildern verharren. Sie zeigt dabei auch den ungewöhnlichen Lebensweg einer mutigen Frau im eigenen Feindesland, die ihren Weg nur scheinbar als normale kanadische Mutter zu Ende geht. Zumindest bis zu dem Tag, an dem sie ihrem Vergewaltiger vor dem Tribunal wieder gegenübersteht, der sie endgültig verstummen ließ. Am Ende bleiben eigentlich nur noch Opfer des Krieges auf der Bühne zurück, und dennoch weht eine Ahnung von Hoffnung durch den Raum. Es war ein bewegender Theaterabend.
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