Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
10 11 12 13 14 15 16
17 18 19 20 21 22 23

12.594 Beiträge zu
3.820 Filmen im Forum

„Zu spät! Zu spät! Zu spät!“, Theater im Bauturm
©Meyer Originals

Training fürs Training

28. November 2013

„Zu spät! Zu spät! Zu spät!“ im Bochumer Rottstraßentheater – Theater Ruhr 12/13

Es hätte eine für Hitchcock oder Agatha Christie geplante Szenerie sein können. Fünf Menschen landen in einem Tagungshotel mitten im Wald, lernen sich kennen, warten auf den Seminarleiter und nichts tut sich. Niemand ist da. Die Wege zurück sind irgendwann blockiert. Was erst harmlos daherkommt, entwickelt sich zum ausgewachsenen Psychodrama. Coaches unter sich, das lässt anfangs noch hoffen, doch Grusel stellt sich nur bedingt ein, allein die präsenten Schauspieler tragen den Abend durch die Nacht, die Handlung tut das erst einmal nicht.

Noch attraktiver bedeutet noch glücklicher, den fittesten gehören die dicksten Tageshonorare, in dem Berufstand zählt der Schein mehr als die Substanz, die Reputation mehr als das Geleistete, wenn Unternehmensvorstände weinen, dann ist der Erfolg gewiss, was für eine scheiß Welt. Das Stück von Lothar Kittstein und Michael Lippold macht dies deutlich, wenn auch ein wenig nonchalant. Lippold hat es selbst inszeniert, mit schöner Choreografie und ziemlich ausgefeilten Figuren, vielleicht hätte etwas weniger Flipcharts rücken dem Stück gut getan, doch er teilt damit die Szenen, Locations und Zeitpunkte, ebenso mit Sound, Licht und Stop-Motion-Bildern. Insgesamt ist es ein gelungener Abend im kleinen Bochumer Rottstraßentheater, das diese Produktion gemeinsam mit dem Kölner Theater im Bauturm und dem Münsteraner Theater im Pumpenhaus produziert hat.

Die Welt als organisierte Belästigung bleibt den fünfen im Wald jedenfalls erspart, die Spiele unter Kollegen nicht und die sind ausnahmslos böse. Denn es gibt sowieso keine staatlich anerkannte Ausbildung oder wissenschaftlich fundierte Qualitätsstandards für diese Tätigkeit. Ungestraft tummeln sich dort Scharlatane und selbst ernannte Psychotherapeuten und so lesen sich auch die endlosen Werbeangebote im Internet. „Zu spät! Zu spät! Zu spät!“ ist nicht nur eine böse Farce über hippes Karrierestreben, eher eine Abrechnung mit dem Übermaß an der Arbeit an der eigenen sozialen Plastik. Und das auch noch aus reiner Selbstüberschätzung. Diesen Berufstand, der sich selbst generiert hat, braucht kein Mensch und damit hat er auch jegliches Mitleid verdient. Jagt sie in die Wälder.

„Zu spät! Zu spät! Zu spät!“ | Do 12.12. 20 Uhr Theater im Bauturm, Köln | ab Januar wieder in Bochum

PETER ORTMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Der Prank – April, April!

Theater Ruhr.

HINWEIS