Ein Intendant geht ohne Reue, aber mit einer Träne in den Augenwinkeln. So richtig wohl fühlte sich Elmar Goerden auf der großen Bühne des Bochumer Schauspielhauses nicht, stand er da doch nicht als Regisseur, sondern als Schauspieler, der angestrengt versuchte, die Regieanweisungen von Marco Massafra umzusetzten. Der Text stammte von Justine el Corte, die das Stückchen „Am Ende – Ohne alles“ ausdrücklich für den Intendanten geschrieben hatte. Noch einmal zeigte der an zwei Tagen und in allen Spielstätten 27 Uraufführungen. „Ohne Alles 3“ ist ein Festival aus der Not geboren. Im September 2006 brannte das Außenlager des Theaters mit Bühnenbildern, Requisiten und Kostümen ab. Das Theater war in Gefahr, zum Spielzeitstart in gähnender Leere spielen zu müssen. Nun, soweit kam es damals glücklicherweise nicht, aber die Idee zu einem neuen Festival war geboren. Autoren liefern Minidramen mit maximal drei Personen, die Inszenierungen sollten spärlich, aber eben nicht ohne Witz sein. Und so taucht vor dem roten Vorhang Jesus auf, im Originaloutfit (weißes Leinentuch), und beschwert sich bei seinem Vater, dass sein Geburtstag nie ordentlich gefeiert würde, immer würde ein gewisser Weihnachtmann die Lorbeeren kassieren, das sei absolut unfair, er wolle den Kerl nun erschießen. In dieser herrlich-tiefgründigen Satire von Jonathan Garfinkel taucht nun Paris Hilton (absolut groß: Katja Uffelmann) auf, die den ganzen Vorgang ziemlich uncool findet, nach Dolce und Gabbana lechzt und ganz nebenbei Sigmund Freud vor dem Erschießen rettet, denn ausgerechnet ihn verwechselt Jesus mit Santa Claus. Eine Etage tiefer kämpft Cornelius Schwalm in ausgebeulter Trainingshose parallel einen skurrilen Wurstwasserkampf. „Wand Wurst Telleraugen“ im Theater unter Tage am „Tag der offenen vierten Wand“ ist ein Monolog von Verena Unbehaun. „Wir leben in einer Welt mit zu viel Wurst“, schwadroniert Schwalm als Typ, der endlich keine Wurst mehr sein will, der in die Hauptstadt zieht und dort die Wohnung verlässt, weil sein Hund „Mach Platz!“ gesagt hat. Doch er zieht die Show bis zum Ende durch, denn das Bühnenbild sei besser als der öffentliche Nahverkehr. „Ohne Alles“ ist ein Autorenfestival, das auf jeden Fall in Bochum erhalten bleiben sollte.
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