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„Kasimir und Karoline“
Birgit Hupfeld

Zweie, die sich liebten

04. April 2011

Horváths „Kasimir und Karoline“ in Bochum - Theater Ruhr 04/11

Es hätte alles so schön sein können: Kasimir und Karoline besuchen das Oktoberfest. Kasimir hat allerdings seinen Job als Chauffeur verloren und prophezeit seiner Liebsten verbittert, dass sie ihn deswegen verlassen wird. Karoline ist enttäuscht, denn „eine gute Frau steht zu ihrem Mann“. Vielleicht wäre an dieser Stelle alles ganz simpel mit einer Entschuldigung zu lösen gewesen, doch entspräche das nicht der bösen Klugheit Ödön von Horváths. Die Gekränkte wirft sich mit der Zufallsbekanntschaft Schürzinger ins Rummelplatzgetümmel und lernt durch diesen auch den gesellschaftlich noch besser gestellten Rauch kennen und seinen Status lieben. Was vermeintlich als Geschichte einer unglücklichen Liebesbeziehung begann, wird rasch zu einem Kabinett menschlicher Grausamkeiten, in dem sich sexuelles Begehren und der unbedingte Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg, nach „was Hermachen“, mit dumpfer, alltäglicher Langeweile todtraurig vermischt.

Lisa Nielebocks Inszenierung ist werkgetreu im besten Wortsinne. Sie würdigt den Text, ohne sich ihm Untertan zu machen, erfindet keinen neuen Horváth, sondern bringt seine Menschen- und Milieukenntnis mit wunderbaren Schauspielern sehr gekonnt auf die Bühne. Äußerst durchdacht wird hier das Alltägliche seziert: Da gibt es den zwielichtigen Merkl-Franz, dessen beängstigende Aggressivität man zu kennen meint. Seine hörige Erna, bei der jeder Blick die verzweifelte Einsamkeit und das Drama einer Frau ausdrückt, die nicht von ihrem prügelnden Mann loskommt, bis sie einen neuen hat. Die volltrunkenen Hupfdolen, die sexy und abstoßend zugleich und doch eigentlich nur traurig und einsam sind. Rauch, der sich seiner gesellschaftlichen Höhe mehr als bewusst ist. Und schließlich Kasimir und Karoline, die einander so sehr verletzen, wie es nur zwei Liebende können. Sascha Gross´ Bühnenbild erschafft aus der Andeutung heraus, etwa mit Neonröhren und Windmaschine, einen Jahrmarkt und lässt diesen zusammen mit den Figuren in der Tristesse versinken. Zurück bleibt ein blutender, trunkener, hässlicher Haufen Mensch und die Hoffnungslosigkeit. „Es geht immer besser“ heißt es zum Schluss. Man weiß nicht, ob das komisch oder böse ist.


„Kasimir und Karoline“ von Ödön von Horváth
R: Lisa Nielebock
Schauspielhaus Bochum
So 3.4. 17 Uhr
0234 33 33 55 55

Anna Schiff

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