Den fotografischen Reihen von Bernhard Fuchs wird man nur gerecht, indem man sie sehr behutsam und mit aufmerksamem Blick abschreitet – oder dementsprechend durchblättert: im Buch, welches Fuchs als eigenes künstlerisches Medium versteht und das zum Abschluss jeder Bilder-Folge publiziert wird.
Im Museum Quadrat in Bottrop hängen die Farbfotografien im moderaten, fast intimen Format in gleichen Abständen nebeneinander. Ausgestellt sind die „Waldungen“, rund fünfzig Fotografien, die Bernhard Fuchs in den letzten dreieinhalb Jahren in seiner Heimat, dem ländlichen Mühlviertel in Oberösterreich, aufgenommen hat. Sie konzentrieren sich auf die Landschaft im Übergang zum Wald. Menschen sind keine zu sehen; selten, dass Wege die Wiesen und Felder queren. Der Waldsaum ist oft auf Abstand gerückt; im Hintergrund erheben sich Anhöhen, auf denen sich der Baumbestand dicht zusammenschließt. Der Horizont setzt meist erst im oberen Drittel des Bildes ein. Bei einigen der Fotografien liegt die Natur unter einer Schneeschicht oder im Nebel; der Himmel ist milchig und unterscheidet sich dann kaum vom Weiß auf der Erde. Bernhard Fuchs beobachtet in seinen Fotografien sachlich, konzentriert. Das Ereignis ist die Natur selbst. Dazu wechseln die Jahreszeiten und damit die Lichtverhältnisse, auch wenn Fuchs – wie er berichtet – immer um die gleiche Tageszeit und beim Spazieren auf den gleichen Routen fotografiert hat. Auch wenn da nichts ist, was uns überraschen könnte, so verbindet die Bilder doch eine besondere Grundstimmung. Darüber hinaus: Diese Aufnahmen, die so gleich und doch immer wieder anders sind, erinnern uns an eigene Erfahrungen, auch unserer Kindheit.
Bernhard Fuchs vergleicht die Folge seiner Aufnahmen mit einer – persönlich abgefassten – Erzählung. Er unternimmt eine Annäherung an die Gegend mit ihrer Landschaft. 1971 ist er im oberösterreichischen Haslach geboren und in der Umgebung aufgewachsen, ehe er zum Fotografie-Studium an die Kunstakademie Düsseldorf (bei Bernd Becher) und an die Hochschule für Grafik und Buchkunst nach Leipzig (zu Timm Rautert) gewechselt ist. Anschließend ist er wieder nach Düsseldorf gezogen, wo er bis heute lebt. Zweifelsohne ist die Spannung zwischen der Großstadt und der gering besiedelten Heimat für seine Fotografie wichtig. Damit tritt Fuchs erstmals Mitte der 90er Jahre in Erscheinung: mit Porträts der Bevölkerung im Mühlviertel, die er bei ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit aufgenommen hat: die Frauen mit Kopftuch und Kittelschürze, die Männer mit Hut und Stiefeln, auch die Kinder. Alle hielten kurz für die Fotografie inne, blickten aber kaum in die Kamera. Parallel dazu nahm Fuchs Pkw's auf, die auf Parkplätzen oder am Straßenrand, immer aber in unbelebten Gegenden abgestellt waren – schon bei diesen beiden Werkgruppen war das Format klein, die Darstellung ausgewogen, unspektakulär. Einen weiteren Schritt zu den heutigen Bildern stellt die Werkgruppe der „Straßen und Wege“ dar, die ebenfalls 2009 in Bottrop ausgestellt war und genau das zeigt, was der Titel mitteilt. Die Orte liegen ebenfalls im Mühlviertel, der Wald ist im Wechsel mit den Feldern zugegen. – Aber die Perspektive der neuesten Bilder ist eine andere, Fuchs liegt gerade an den feinen Verschiebungen. Und er fängt enorm viel von der Landschaft ein, das betrifft schon die Farben. Dabei formuliert er ein Grundvertrauen in die Natur; der fotografische Blick wird Teil der Landschaft. Dass Heinz Liesbrock als Direktor des Bottroper Museums Bernhard Fuchs jetzt, bereits nach fünf Jahren, wieder zu einer Ausstellung eingeladen hat, erklärt er mit seiner hohen Wertschätzung dieser fotografischen Bilder – das Kompliment ist berechtigt.
„Bernhard Fuchs – Waldungen“ | bis 10.8. | Josef Albers Museum Quadrat Bottrop | 02041 297 16
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