Lediglich am Anfang steht die Enttäuschung – dann nämlich, wenn man eine konventionelle Kunstausstellung erwartet. Aber Yuji Takeoka's Kunst setzt davor an. Zu sehen sind in Bottrop Vitrinen und Sockel sowie reduzierte, homogen mit einem Farbton überzogene Wandstücke, die manchmal wie Regale oder wie geschlossene Behältnisse wirken. Was Takeoka zeigt, ist also sozusagen das Display für Ausstellungen selbst, aber in feiner Differenzierung und zudem faktischer Erhöhung: etwa indem ein reflektierendes schwarzes Wandstück aus poliertem Kunststein durch einen horizontalen Spalt mittig geteilt wird und indem ein weißer Kubus aus Kunststein von einer Acrylglasvitrine umfangen ist, welche dessen Dimensionen aufnimmt. Darauf spielt in Bottrop der Ausstellungstitel „Museo“ an; es geht um das Zeigen und Hervorheben mittels der Autonomie der Form. Das Museum als Ort des Ausstellens ist Gegenstand der Ausstellung selbst.
Heinz Liesbrock, der Direktor des Museum Quadrat, betonte im Pressegespräch die relative Nähe der Plastiken und Installationen von Yuji Takeoka zur praktischen Anwendung, also zum Mobiliar. Das war schon 1992 der Fall, bei Takeoka's Beitrag zur documenta in Kassel. Dort war im Außenbereich das Inventar einer Bushaltestelle zusammengerückt und um weitere Elemente ergänzt. Mit einem kompositorischen Gespür für Formen, Proportionen und Farben entstand eine „public sculpture“ (so der Titel der documenta-Arbeit), welche den Passanten unmittelbar einbezog.
Yuji Takeoka hat derartige Überlegungen der Differenz von Funktion und Dysfunktion und der absoluten Form bis heute fortgeführt – so hat er einzelne regalartige Objekte mit Büchern ausgestellt – und dabei das Vokabular konzentriert, verknappt und als Form isoliert. In Bottrop sind jetzt die „Sieben Sockel“ (2006) aus hoch poliertem vergoldetem Messing ausgestellt, die mit den gleichen Grundmaßen eine Art Alphabet primärer Formen liefern, also individuelle Stücke sind. Die Sockel wirken kostbar, sie könnten Podeste für irgendwelche exklusiven Güter sein. Sie reflektieren, dem Betrachter zu Füßen, den Umraum, sind selbst fast unsichtbar und schaffen dadurch ein Gefühl für die Dimensionen des Ausstellungsraumes. Takeoka entwickelt nach genauer Konzeption und in präziser Platzierung stille, einfache und doch sehr komplexe Objekte, die anonym scheinen und schnell übersehen werden. „Kunst ohne Werk“, sagt Takeoka insgesamt über seine Arbeiten.
Still und äußerst komplex
Yuji Takeoka wurde 1946 in Kyoto geboren. Im Anschluss an das Studium in seiner Heimat hat er ab 1973 an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert, bei Ernst Heerich und Klaus Rinke. Seitdem lebt er in Düsseldorf, mit einer Professur an der Kunsthochschule Bremen. Mit solchen Arbeiten, wie sie nun in Bottrop zu sehen sind, ist er seit langem im Kunstgeschehen etabliert. Hierzulande fanden etwa Einzelausstellungen in den Kunstvereinen in Stuttgart, Münster und Düsseldorf statt. Zur Düsseldorfer Ausstellung hat Takeoka vor einem erhöhten Zugang eine leere Glasvitrine positioniert, das war im Jahr 2000.
Im Bottroper Museum nehmen seine Werke Bezug auf die Malerei von Josef Albers, dem Namensgeber dieses Hauses und Ehrenbürger der Stadt. Einzelne Objekte sind im Sammlungsbereich in die Präsentation integriert. Ein Wandstück, das (in der Negativform) einen Kubus ausspart und an eine Konsole denken lässt, bringt hier die partielle Verwandtschaft auf den Punkt: in der neutralen Form, dem Maßvollen der Dimensionen und schließlich im konzentrierten und konzentrierenden Umgang mit Farbe. Der exquisite Farbüberzug von Takeoka's Objekten aber weist augenblicklich auf seine Heimat Japan und dessen Traditionen im Kunsthandwerk. Takeoka lässt seine Lacke in Kyoto herstellen, wo die Farben ganz anders begriffen, wertgeschätzt und nuanciert werden als in unserer Kultur und schließlich den Respekt dem Gegenstand gegenüber fördern. Bei Takeoka nun ergänzen sich die Sinnlichkeit und Perfektion hin zum Kontemplativen. Darin einbezogen sind seine hiesigen Erfahrungen mit den amerikanischen Richtungen der Minimal Art und der Konzeptkunst zu einer eigenen, konzisen Position. Der Reichtum seiner Arbeiten mit der Aufforderung, genau zu schauen, das Sehen zu verlangsamen und sich der eigenen Körperlichkeit zu vergegenwärtigen, beruht auf dieser Verbindung östlicher und westlicher Quellen – ganz unspektakulär, mit großer Sorgfalt.
„Yuji Takeoka. Museo“ I Bis 11.9. I Josef Albers Museum Quadrat Bottrop
02041 29 716
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