Die musikalischen Partygäste des im Druckluft ausgerichteten Pressure Air-Festivals waren am zweiten Tag fast ausschließlich auf Krawall gebürstet. Bevor es jedoch mit "Love A", "City Light Thief" und "Captain Planet" richtig laut werden sollte, sorgten "Nepomuk" für den entspannten Teil des Abends. Bewaffnet mit Akustikgitarren, reduziertem Schlagwerk und jeder Menge Percussion, spielte die Band aus Hamburg gut 40 Minuten lupenreinen Indie-Pop. Einzig und allein die Tätowierungen einzelner Mitglieder ließen auf eine Verwurzelung der Band in härteren Gefilden schließen. Die meist flotten, aber stets unaufgeregten Songs der Nordlichter wirkten anfangs ein wenig zu brav für jenen Abend, konnten das Publikum aber nach und nach überzeugen. Prädikat: erdige, handgemachte Popmusik von sympathischen Menschen, die man sich ins Radio wünscht.
Als "Love A" die Bühne betraten, hatten es sich bereits ein paar Tanzwütige in den ersten Reihen im nun mehr als gut gefüllten Druckluft gemütlich gemacht. Während die von der Fachpresse gelobte Mischung aus NDW-Anleihen, Punk und Indie-Rock fortan für ein paar tanzende Beine sorgte, brachten die alles und jeden anklagenden Texte des nimmermüden Frontentertainers sogar die ein oder andere textsichere Kehle im Publikum hervor. Dank der stets von Ironie durchzogenen Ansagen gewann man außerdem die Erkenntnis, dass die Band aus Trier sich selbst nur selten für voll nimmt und das vegane Gyros im Vorfeld des Konzerts nicht der ganz große Wurf gewesen zu sein scheint.
Gemessen an gelebten Emotionen und Musikkomplexität waren "City Light Thief" aus Grevenbroich sicherlich die am ambitioniertesten wirkende Band des Abends. Die Jungspunde fabrizierten groß angelegten Post-Core und paarten ihn mit ebenso großen Gesten auf der Bühne. Vor allem Sänger Benjamin Mirtschin legte seine schmale Figur immer wieder so sehr in die Songs, dass die Bühnenperformance zeitweise schon ein wenig aufgesetzt wirkte. Die Reaktionen des Publikums waren verhalten und es wirkte zeitweise so, als würde sich die bisher recht bewegungsarme Meute weiter für den rasanten Emo-Punkrock von "Captain Planet" ausruhen. Als dann die ersten Songs der Headliner erklangen, stellte sich jedoch eine gewisse Ernüchterung ein. Oberhausen wollte sich noch nicht so recht gehen lassen. Indirekt von der Band zum beidseitigen Auftauen gefordert, schoben sich die hinteren Reihen zur Bandhymne "Blattsport" dann aber endlich nach vorne. Es war der Startschuss für einen grandiosen Schlusspunkt des Pressure Air-Festivals. Fortan hagelte es frenetischen Beifall des Publikums für alte Hits und die neuen Songs der allseits gefeierten Platte "Treibeis". Es wurde getanzt, getrunken, geschwitzt und stets aufeinander Acht gegeben.
"Captain Planet" lieferten an diesem Abend die Erkenntnis, dass sie einen Laden wie das Druckluft mittlerweile wohl auch alleine füllen könnten und dass ein Publikum manchmal erst dazu gezwungen werden muss, das eigene Eis zum Treiben zu bringen.
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