Man vergisst es allzu leicht: der syrische Bürgerkrieg, heute Schachbrett von Großmächten und post-mafiösen Verbrecherbanden wie Daesh/IS, fing an mit einem Ruf nach Freiheit. Der Freiheit einer gebildeten, jungen und mutigen Gesellschaft, die aufbegehrt gegen Diktatur und Zensur, auch gegen Familie und Patriarchat. So wie Farah.
Farah lebt in Syrien, ein Jahr nach Beginn der Revolution, ein Jahr bevor alle Hoffnung Asche wurde. Das 2014 von Mudar Al Haggi verfasste Drama „Wenn Farah weint" erzählt ihre Geschichte. Es ist kein Fluchtdrama, wie wir schon viele gesehen haben, sondern die Geschichte eines Befreiungsversuches. „Die Geflüchtete" tritt uns nicht als schutzsuchendes, zu bemitleidendes Subjekt entgegen, sondern als echter Mensch mit eigenem Willen, eigenen Zielen, kurz: als Kämpferin im besten, aufklärerischen Sinne. Nachdem das Stück im September in der Schaubude Berlin seine Premiere feierte ist es nun morgen (8.10.) um 19 Uhr im Zeitmaul-Theater in Bochum zu sehen. Die Aufführung mit SchauspielerInnen aus Syrien, dem Irak und Deutschland ist dreisprachig; auf Arabisch, Englisch und Deutsch. Beginn: 19 Uhr. Tags drauf ist das Stück außerdem um 12 Uhr im Lokal Harmonie in Duisburg zu sehen. Das Projekt wurde unter Anderem auf die Beine gestellt vom Theater Arbeit Duisburg.
Unseren Blick auf Personen verändern, in dem man sie zu Menschen macht, das schafft auch das legendäre Theater-Kollektiv Rimini Protokoll. Zuletzt beispielsweise durch die grandiose Installation „Evros Walk Water" im Rahmen des Impulse-Festivals in Düsseldorf: Über Kopfhörer traten die Besucher gewissermaßen in Dialog zu geflüchteten Jugendlichen, die in Griechenland feststeckten – schließlich spielten Besucher und Geflüchtete, weit entfernt voneinander, vielleicht nicht einmal mehr in Europa oder unter den Lebenden, gemeinsam Musik. Aber wozu in die Ferne? Unbekanntes, Unvertrautes, Fremdes – das gibt es auch hier, im Revier – zum Beispiel in Dortmund. Durch dessen Straßen fährt nächste Woche Truck Tracks Ruhr: Nach einem Konzept von Rimini-Protokoll bieten Urbane Künste Ruhr einen neuen Blick auf gut bekannte Straßen, dank akustischer Inszenierungen von Künstlern wie Marike Splint und Jonathan Snipes (Amsterdam/Los Angeles), dem Kölner Künstlerkollektiv subbotnik und vielen anderen. Auch zu hören: ein Hörspiel von Jean Peters und Joel Vogel über die Nazi-Terroristen des NSU – mit Blick auf den Kiosk eines ihrer Mordopfer, dem Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık. Die Trucks starten ihre zweistündige Tour immer um 17 Uhr am Megavorplatz, Felicitasstraße 2 in Dortmund. Der Truck fährt Samstag (8.10.) und ab Mittwoch (12.10.) bis zum 5. November täglich – außer Montags und Dienstags.
Wenn Farah weint | Sa 8.10. 19 Uhr | Zeitmaul-Theater Bochum | www.zeitmaul.de
Truck Tracks Ruhr | ab 8.10. täglich, ausser Mo & Di, je 17 Uhr | Start: Megavorplatz Dortmund | www.urbanekuensteruhr.de
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