Musikvideos auf großer Leinwand im komfortablen Kinosessel zu genießen gehört zu den Highlights im manchmal sperrigen Programm der Oberhausener Kurzfilmtage. Auch auf dem diesjährigen Festival konkurrierten wieder zehn Clips um die Preise der Jury und die Gunst des Publikums, das auf Plattformen wie ARTE creative, ByteFM, Intro oder tape.tv im Vorfeld online seinen Favoriten küren konnte. Im Unterschied zum MuVi International müssen im MuVi Wettbewerb allerdings Produktion oder Regie in Deutschland ansässig sein.
Das Screening am Samstagabend lockte wie gewöhnlich passend zur Vielfalt der in Stil, Form und Genre differierenden Beiträge nebst eines heterogenen Publikums auch viele der Videomacher in den großen Saal der Lichtburg, die vor der Projektion anekdotische bis analytische Einblicke in ihre Arbeit boten. Die Jury um c/o pop-Gründer Ralph H. Christoph, Mute-Chef Daniel Miller und Laetitia Rouxel als Vertreterin des Pariser Kollektivs Pleix sah mit „Try“ ein selbstgedrehtes Handkameravideo der Jolly Goods auf dem dritten Platz. Es verbindet eine Performance mit dem performativen Charakter der in Musikvideos stilisierten Geschlechterrollen. Mit dem zweiten Platz zeigte sich die Jury mit „Fratzengulasch“ nah am Publikumsgeschmack, da der Track der Elektroformation „Die Vögel“ auch als Sieger aus dem Online-Voting hervorging. Die Regisseure Katharina Duve und Timo Schierhorn inszenierten bereits für Deichkind oder Tocotronic. Der Found Footage-Clip der etwas anderen Art erweckt ein auf dem Flohmarkt gefundenes Jahrgangsfoto der Eliteuniversität Exeter zum Leben und liefert die perfekte Visualisierung des Stücks.
Einstimmig beeindruckt zeigte sich die Jury von Carsten Nicolais Clip zu dem unter seinem Synonym alva noto produzierten Stück „uni acronym“. Seine harten Elektrobeats unterfütterte Nicolai visuell mit Abkürzungen in Form von Markenlabels, Firmennamen und Logos und kreierte aufgrund der schnellen Bildfolge ein in seiner Simplizität fluoreszierendes Passepartout der kapitalistischen Konsumwelt.
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