Der (schwule) Karren, vor den er sich selbst gespannt hat, wurde inzwischen gründlich entsorgt: Kay Ray bekennt sich längst zur Vater-Rolle. Was ihn nicht davon abhält, sich seines hoch komplexen Outfits zu entledigen. Komplett. Also: bis auf die Haut. Die blanke. Oh ja, liebe Damen, es gibt einiges zu sehen, wenn der aus Osnabrück stammende Paradiesvogel auftritt. „Yolo“, so der Titel des Programms, mit dem er am 7. April im Bochumer Bahnhof Langendreer und 23. im Oberhausener Ebertbad gastiert – und dabei demonstriert, wie man seine Zuschauer in einen rauschartigen Bewusstseinszustand versetzt, aus dem man am liebsten nie mehr auftauchen möchte. Anders formuliert: #YouOnlyLiveOnce... ist ein Abend, der dort beginnt, wo der Spaß aufhört.
„Attacca heißt das nigelnagelneue Programm. Was es heißt, wissen wir nicht, aber wir freuen uns schon darauf.“ Mit diesen Worten kündigt die Bocholter Bühne Pepperoni den Auftritt des holländischen Tastenclowns Hans Liberg am 16. im Textilwerk an. Da können wir schön oberlehrerhaft aushelfen. „Attacca“ nennt man verschiedene, ohne Pause miteinander verbundene Musikstücke. Und darin ist der Niederländer, vor dem sich sogar das Königshaus verneigt, ein ungekrönter König. Wobei er alles Mögliche pausenlos miteinander verknüpft: Tanzeinlagen, Witze, Publikumsanimation, Karikaturen, eine Hommage an die Schweiz, kuriose Geschichten mit politischem Hintersinn, wie die vom Verbot, auf den schwarzen Tasten („die sind in der Minderheit“) eines Klaviers zu spielen. Bei Liberg passt alles zusammen, weil nichts zusammen passt. Die Matthäus-Passion zu Dave Brubeck und Billy Joel, Andrew Lloyd Webber zu Tschaikowski, der Erfinder des Tscha-Tscha-Tscha. „Ich kann noch viel mehr“, sagt Liberg. Wohl wahr. Zum Beispiel dem Alphorn Töne entlocken. Probieren Sie es einmal aus! Gar nicht so einfach.
Kein bisschen einfach macht es sich auch Anka Zink in ihrem neuen Programm. „Es gibt sehr viel zu lachen – nur nicht für jeden“, kündigt die aus Bonn kommende Kabarettistin ihr neues Programm „Zink extrem positiv“ an, in dem es unter anderem um aktuelle Verwerfungen wie die VW-Betrügerchips („die hätte ich gerne für meine Waage“) geht. Die Autobauer hätten womöglich geglaubt, das käme nie im Leben und wähnten sich im Kräftedreieck „gut+schnell+billig“. Hat aber nicht funktioniert. Hätte Frau Zink ihnen gleich sagen können.
Einen praktikablen Vorschlag hat die Frau mit der scharfen Zunge und Haaren auf den (politisch geschliffenen) Zähnen für die Überprüfung von Asylbewerbern: einfach mal bei der NSA nachfragen, die wissen doch über jeden Bescheid. Weiter geht es über das Minenfeld „runder Geburtstag“, ADHS-Symptome bei Kindern und um Algorithmen-Suchmaschinen, auf die sich sämtliche Medien stützten. Allen gemeinsam: moralische Erregung und triefende Betroffenheit. Zink kann außerdem das sonntägliche „Tatort“-Treiben anschaulich analysieren: Der Kommissar hat ein Problem, sein Vorgesetzter ist eine Pfeife und die psychologisch geschulte Assistentin rennt auf High Heels hinter den Bösewichtern her. Das kann mir nicht passieren, garantiert Ihnen die stets über Tage lebende
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Bochum und Köln – Musik 07/24
Unterschiedliche Erzählungen
Vortrag zur Geschichte des Nahostkonflikts in Bochum – Spezial 03/24
Geschichte der Ausbeutung
„Wie Europa Afrika unterentwickelte“ im Bochumer Bahnhof Langendreer – Spezial 02/24
Musik mit Sogwirkung
Derya Yıldırım und Grup Şimşek in Bochum – Musik 12/23
Dokumentation rechten Terrors
„Der Halle-Prozess“ in Bochum – Spezial 03/23
Knotenpunkt der Kultur
Bahnhof Langendreer feiert 36-jähriges Jubiläum – Prolog 07/22
Belletristik für Bestandskunden
Heinz Strunk in Bochum – Literatur 04/22
Alle Macht den Care- und Energieräten
Gabriele Winker in Bochum – Literatur 04/22
Berufung auf Umwegen
Nikita Miller zu Gast in Langendreer
Bühne frei
Poetry und Open Mic Bühne mit Ajayini Sathyan
Alles auf Prüfstand
Politisches Kabarett mit Jean-Philippe Kindler
Reden über Belarus
Vortragsabend im Bahnhof Langendreer
Zoten zum Verzweifeln
Kabarettisten klären auf über die Weltpolitik – Komikzentrum 04/20
Jenseits der Herrenwitz-Hegemonie
Gleichberechtigung durch Kabarett? Kebekus und Co. machen es vor – Komikzentrum 03/20
Gags mit Migrationshintergrund
Junge Comedians für ein multikulturelles Publikum – Komikzentrum 02/20
Sie passiert das Ebertbad
Die erstaunliche Hazel Brugger gastiert in Oberhausen – Komikzentrum 09/18
Von klug bis knackfrech
Das Zeltfestival Ruhr bietet für jeden Besucher etwas – Komikzentrum 08/18
Es läuft und läuft
Das RuhrHOCHdeutsch-Festival in Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 07/18
Sexy, lustig und extravagant:
Das RuhrHochdeutsch-Festival ist wieder am Start – Komikzentrum 06/18
Ganz ruhig bleiben
Zum 10. Mal: „Das Schwarze Schaf“ wird in Duisburg gekürt – Komikzentrum 05/18
Eine geistvolle Begegnung
Walter Sittler liest Dieter Hildebrandt – Komikzentrum 04/18
Geld war eher Zufall
Der Kabarettist Chin Meyer erklärt die Weltwirtschaft – Komikzentrum 03/18
Gehüpft wie gesprungen
Das Springmaus-Ensemble in Bocholt und Gelsenkirchen – Komikzentrum 02/18
Eine Dame wird sie nie
Tanja Haller zeigt in Bochum, was sie drauf hat – Komikzentrum 01/18
Deprimierende Weihnachtslieder
Jochimsen, Anna Mateur, Frittrang, Badey und Zingsheim – Komikzentrum 12/17