In einer Zeit, in der unsere Welt immer unübersichtlicher wird, sehnen wir uns nach Sicherheit. Eine Konstante sind die alljährlichen Oberhausener Kurzfilmtage, die 2016 ihre 62. Ausgabe begehen. Das war es dann aber auch schon mit den Gewissheiten bei einem Festival, das mit Überraschungen und Irritationen gerne die Sehgewohnheiten des Publikums herausfordert.
Mit 5.500 Filmen wurden weniger Beiträge eingereicht als 2015, aber aus über 100 Herkunftsländern buhlten diesmal mehr Filmkulturen als im Vorjahr um einen Platz im Internationalen Wettbewerb. Dass sich kulturelle Globalisierung nicht durch Grenzzäune aufhalten lässt, wird in Oberhausen deutlich..
Aufgrund sinkender Produktionskosten und flexiblerer Distributionsmöglichkeiten im Netz ist auch der Anteil freier Produktionen gestiegen, die ohne klassische Vertriebswege oder die Unterstützung großer Filmhochschulen freie und freigeistige Arbeiten nach Oberhausen bringen.
Mickrig ist mit einem von 64 Filmen der Anteil deutscher Arbeiten im Internationalen Wettbewerb. Dafür bieten Deutscher und NRW-Wettbewerb einheimisch verorteten Produktionen erneut eine exponierte Plattform und auch der Nachwuchs soll mit dem Kinder- und Jugendfilmwettbewerb wieder frühestmöglich für das Medium begeistert werden.
Abseits der Wettbewerbe werden in der Sektion Profile fünf KünstlerInnen aus China, Israel oder Norwegen mit Retrospektiven und Sonderprogrammen vorgestellt. Neu ist die Sektion Positionen. Hier sollen das Sammeln und Ausstellen von Künstlerfilmen, sowie die institutionellen Strukturen, in denen dies geschieht, zur Diskussion gestellt werden. Zum Auftakt stellen eine Londoner Galerie, ein belgisches Museum und eine griechische Privatsammlung ihre Werke in Form eines Filmprogramms vor (8.5.).
Ebenfalls außer Konkurrenz läuft das Thema „el pueblo – auf der Suche nach dem neuen Lateinamerika“, das 50 Werke z.B. aus Chile, Ecuador, Mexiko, Puerto Rico oder Argentinien zeigt. Gerade weil es „den“ lateinamerikanischen Film aufgrund der Heterogenität in Bildsprache, Form und Themen gar nicht geben kann, steht das breite Spektrum der Beiträge doch für einen Aufbruch der Kulturen, die sich unter dem Sammelbegriff Lateinamerika nur geografisch subsumieren lassen. Auch der Begriff „el pueblo“ zeichnet sich durch Doppeldeutigkeit aus. Im Spanischen kann das Wort für Region, Nation, Dorf oder Volk stehen. Damit verknüpfte Fragen zu Identität, Migration, Protest und Geschlechter- und Machtverhältnissen spiegeln so Diskurse, die auch hierzulande aktuell und brisant sind.
Vielfältig werden wieder die MuVi-Sektionen, die das Musikvideo als eigenständiges Genre feiern. Eine internationale Auswahl flankiert die Vergabe des MuVi-Awards für den besten Clip, dessen Regie oder Produktion in Deutschland ansässig sein muss. Neben einer unabhängigen Jury vergibt auch das Publikum einen Preis. Vom 5.4.-5.5. können ZuschauerInnen die zwölf Videos online anschauen und direkt für ihre Favoriten voten. Vergeben werden beide Preise im Anschluss an das MuVi-Preis Screening (7.5., 22.30 Uhr), was sich als wildeste Veranstaltung des rebellischen Festivals etabliert hat. Alle Clips können dann nochmal auf der großen Leinwand mit fettem Kino-Sound und kurzer Vorstellung durch die anwesenden Regisseure erlebt werden.
62. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen | 5.-10.5. | Lichtburg Oberhausen, Elsässer Str. 26 u.a. Orte | www.kurzfilmtage.de
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