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„Leise Töne“ bei Bochum Total

07. April 2011

trailer präsentiert die Wortschatzbühne bei Bochum Total 2010 – Bochum Total 07/10

Nach dem großen Erfolg im letzten Jahr präsentiert trailer auch in diesem Jahr wieder die Kleinkunst- Bühne auf der Viktoriastraße – und zwar unter dem Namen „trailer-Wortschatzbühne“. An der programmatischen Zuständigkeit hat sich dabei nichts geändert: Nach dem Motto „never change a winning team“ zeichnet wieder das AKAFÖ-Kulturbüro boskop für den Großteil der Auftritte verantwortlich, Peter Lihs von pro-motion hingegen organisiert in altbewährter Form die beiden Börsen „Soundcheck“ (für CDs und Schallplatten) und „Wortschatz“ (für gedruckte Medien). Kurzweiliges von der Zauberei bis zur Weinprobe steht dieses Mal auf dem Programm. „Leise Töne am Rande des größten Musikfestivals Europas“ verspricht Bochum-Total-Initiator Marcus Gloria auf der Wortschatzbühne. Dass es bei der Konkurrenz von über 60 Konzerten nicht allzu beschaulich werden darf, versteht sich von selbst. Daher steht das komische Element hoch im Kurs. Und immer wieder ergeben sich Überschneidungen zum musikalischen Programm des Festivals. Die folgenden Wortschätze warten darauf, von interessierten Zuhörern gehoben zu werden.

DONNERSTAG – SCHUI UND HUI

Zauberhaft wird der Einstieg in das Wortschatzbühnenprogramm: Der vielfach ausgezeichnete Illusionist Ju-Rim trickst mit Karten, Seilen und gegen die Schwerkraft. Im Anschluss beweist der Herner Helmut Sanftenschneider, dass seine Ruhrpott-Show „Nachtschnittchen“ nicht ohne Grund Kultcharakter genießt und vor ausverkauften Häusern gespielt wird. Das Multitalent spielt einhändig auf fünf Ukulelen und verspricht, per Medium Kontakt mit Rudi Carrell aufzunehmen …

Mit dem Buchhalter Schmoltke betritt nun die erste von zwei skurrilen literarischen Figuren des Abends die Bühne. Der Alt-BWLer Hartmut Krauleidis, der bislang durch Sachbücher zu den Themen Bilanzen, Buchführung, GuV, Controlling etc. „für Dummies“ von sich reden machte, nimmt nun als Satiriker den ganz normalen Wahnsinn im Büroalltag aufs Korn. Dass er mit seiner Mischung aus „Stromberg“ und „Hartmut und ich“ auf einen bereits unter Volldampf fahrenden Zug aufgesprungen ist und kaum mehr als einen literarischen „Ex-und-hopp-Anspruch“ erfüllt, tut dem Unterhaltungswert seiner Betrachtungen keinen Abbruch. Dass das Buch allerdings unter dem Titel „Schmoltke und ich“ extrem anbiedernd vermarktet wird, ist ärgerlich.

Direkt im Anschluss kommt dann der Erschaffer des Hui- (also „Hartmut und ich“-) Universums persönlich. Für Oliver Uschmann ist der Auftritt auf der Wortschatz-Bühne ein Heimspiel; der mittlerweile fünfte Hui-Band führt die beiden Ruhrpottler (also Hartmut und den Ich-Erzähler) nach Berlin, was für einigen Zündstoff – im wahrsten Sinne des Wortes – sorgt. „Feindesland“ ist härter geworden als frühere Hui-Romane, und nicht alle Fans sind von dieser Entwicklung angetan. Dass Uschmann für die Wortschatzbühne auf witzige Passagen setzt, dürfte als sicher gelten. Übrigens, Hartmuts WG hat es tatsächlich bis ins Museum gebracht: Im Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde-Stromberg ist noch bis Ende Juli die Ausstellung „Ab ins Buch“ zu bewundern.

FREITAG – HARDROCK-KABARETT UND MISTER HIT

Der Freitag beginnt kabarettistisch. Peter Rodemeyer ist ein Bochumer Kabarett-Gewächs, das 2007 und 2008 bereits bei Bochum Total zu Gast war. Der leicht konsumierbaren Comedy Alltagsgeschichten zwischen Mann und Frau tritt er mit politischem Kabarett entgegen, das sich um political correctness nicht schert. Weil er vor seiner Kabarett- Karriere in diversen Hardrock-Formationen spielte, ist er auch solo auf der Bühne kein Freund leiser Töne. Dave Jackson und Guntmar Feuerstein, die gemeinsam mit Alexandra Krings und George Kaye als L.Bow Grease für witzig-ironischen Singer/Songwriter-Folk stehen, unterhielten bereits im letzten Jahr das Wortschatzbühnen-Publikum vorzüglich. Mit nunmehr drei CDs im Gepäck kann von einem Geheimtipp wahrlich nicht mehr gesprochen werden. Musikalisch verwurzelt ist die Formation ebenso im irisch/englischen Folk wie im amerikanischen Bluegrass oder Country. Uli Engelbrecht ist als Chronist der Musik und des Lebensgefühls der 70er und 80er Jahre eine feste Größe. In seinem neuen Buch „Samtcord, Strass & Soundgewitter“ erzählt er Rockstories von hohem Wiedererkennungswert für alle, die mit Bruce, Rory oder auch Pink Floyd aufgewachsen sind. Wie die Marshall-Boxentürme bei Motörhead gehört der Original-„Mister-Hit“-Plattenspieler zu Engelbrechts festem Bühnenequipment. Durch die Hörproben muss man durch. Dem Werk von Hermann van Veen nähert sich der Herner Autor, Grafiker und Objektkünstler Wolfgang Sternkopf. Musikalische Unterstützung erfährt er durch Martin Gießmann an der Gitarre.

SAMSTAG – BEAT UND BEATS

Am Samstag steht die Wortschatzbühne ganz im Zeichen des Undergrounds. Mit Roland Adelmann ist einer der Veteranen deutscher Social-Beat-Literatur zu Gast. In den 1980ern trat er erstmals mit literarischen Punkrocktexten an die Öffentlichkeit, und er zählte in den 90ern zu den Pionieren deutscher Poetry-Slams. Angeblich beweist sein neues Buch „Rodneys Slam“, das Texte aus den Jahren 2006 bis 2009 versammelt, dass der Autor mittlerweile gereifter und vielschichtiger ist. Der Autor ist ja inzwischen auch schon Mitte 40, da wirkt die rotzige Rebellen-Pose nicht mehr ganz so frisch wie damals. Auf seiner Homepage gibt er allerdings immer noch ganz gern den unangepassten Literaturpunk. Der überregional bekannteste Name der diesjährigen Wortschatzbühne dürfte Toni Mahoni sein. Der Name ist das Pseudonym eines Videobloggers, der es bis in die Tagesschau geschafft hat. Sein bei Kiepenheuer & Witsch erschienenes Buch „Gebratene Störche“ berlinert sich durch das Alltagsleben in der Hauptstadt. Das Hörbuch hierzu ist beim Bochumer Label Roof Records erschienen. Mahoni ist auch Musiker, weshalb der Griff zur Gitarre bei ihm keine Drohung ist. Hinter dem Namen Schementhemen schließlich verbergen sich zwei Urgesteine der (Ruhrgebiets-) Alternative- Szene: Myk Jung, seines Zeichens unter anderem Sänger der legendären The Fair Sex, und Klaus Märkert, legendärer Zwischenfall- DJ, haben sich als Autoren zusammengetan. Hier geht es keinesfalls düster zu, sondern hier wird gnadenlos dem höheren Unfug gehuldigt. „Schwarzer“ Humor der besonderen Art. Eine andere Bochumer DJ-Legende, Ralf Odermann, lädt im Anschluss zum Chillout.

SONNTAG – WEIN, WEIB UND SLAM

Etwas gediegener beginnt das Programm am Sonntag. Eine „Weinlesung“ des boskop-Kursleiters Thomas Range verspricht Informatives zu Anbau, Herstellung und Lagerung von Wein sowie Literarisches rund um den Rebsaft. Ganz nebenbei lockt auch eine Verkostung – solange der Vorrat reicht. Inwieweit das sicherheitsbedingte Glasverbot den kulinarischen Genuss schmälert, wird sich zeigen. Von der Weinkönigin zum Froschkönig ist es manchmal kein weiter Weg. Die Märchenerzählerin Melanie Goebel erweckt bekannte und internationale Märchen mit ihrem intensiven Vortrag zum Leben. Kleine und große Zuhörer werden mitgenommen auf eine phantastische Reise in komische, nachdenkliche und fesselnde Märchenwelten. Im letzten Leseblock der diesjährigen Wortschatzbühne gibt das Team des Café Ebstein eine Poetry-Slam-Kostprobe.

FRANK SCHORNECK

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