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Arthur Borghard, Bauerngehöft am Kornfeld, um 1910, Öl auf Leinwand, 81 x 119 cm, Museum der Havelländischen Malerkolonie
© Nachlass A. Borghard

Natürlich die Landschaft

26. Januar 2017

Norddeutsche Künstlerkolonien im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm – kunst & gut 02/17

Es beginnt schon wunderbar. Die Ausstellung „Lieblingsorte – Künstlerkolonien“ setzt mit den Gemälden von Fritz Overbeck, Heinrich Vogeler, Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker die bekanntesten, aber auch bedeutendsten Werke an den Anfang. Die Maler aus Worpswede gehören zum „Best of“ der realistischen Kunst um 1900 in Deutschland. Auf Initiative von Fritz Mackensen wurde die Künstlerkolonie 1894/95 am Teufelsmoor, nördlich von Bremen gegründet: als Ort der Zurückgezogenheit in der Landschaft und der Verbundenheit mit der Natur. Zwar löste sich die Künstlervereinigung 1899 wieder auf, aber die Künstler blieben dort, weitere kamen hinzu, und bis heute gilt Worpswede als Entwurf einer geglückten Künstlerkolonie. Voraussetzung dafür war die allgemeine Akzeptanz eines Realismus, der sich frei von symbolischen Zuschreibungen an einem Stück Natur ergötzte, und – ganz praktisch – die Erfindung der Farbtube. Mit ihr wurde das Malen in der Landschaft überhaupt erst möglich. Vorbild war die Malerkolonie von Barbizon, die Mitte des 19. Jahrhunderts am Wald von Fontainebleau tätig war. Gegründet von Théodore Rousseau, arbeiteten hier zeitweise Corot, Courbet und Millet. Die Künstler zogen der akademischen Lehre die unmittelbare Nähe zur Natur vor. Ihr Interesse galt dem atmosphärischen Wechsel der Jahres- und Tageszeiten, wahrgenommen in der unabgelenkten Beobachtung, im Festhalten des Augenblicks. Dies war eine Voraussetzung für das Entstehen des Impressionismus.

Wie beliebt der Typus der Malerkolonie um die Jahrhundertwende in Deutschland war, verdeutlicht nun die Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm. Sie stellt sieben Gemeinschaften aus dem überwiegend norddeutschen Raum mit ihren Lieblingsorten zum Malen vor. Unterstützt von heutigen Fotografien wird gezeigt, wie aufmerksam sich die Maler den lokalen Gegebenheiten widmeten. Zugleich klärt die Ausstellung, was die Künstlerkolonien verbindet: Sie ermöglichen Ruhe und Abgeschiedenheit, ja, Entschleunigung gegenüber dem zunehmenden Tempo der Großstadt, der die meisten der Künstler selbst entstammten und in die sie mit dem Zug schnell zurückfahren konnten – auch das war eine Überlegung, ebenso dass das Leben in den Dörfern billiger als in der Stadt war. Die Landschaft war vor allem aber Anlass und Absicht beim Malen: Die Künstler studierten das Lichtspiel auf dem Wasser und widmeten sich der Vegetation am Ufer, sie schauten zurück auf das Dorf und seine Gehöfte, beobachteten die Nutztiere oder schweiften in ihrer Malerei in die Ferne und zeigten die Bewirtschaftung der Felder unter einem tiefliegenden Himmel. Das Tageslicht kehrt im Leuchtenden – oder Stumpfen – der Farben wieder. Menschen selbst sind auf diesen Bildern kaum zu sehen. Ein verbreitetes Motiv sind die Segel der Schiffe, dort wo es ein Gewässer gab.

Dr. Friederike Daugelat
Foto: privat

Die Kuratorin

Dr. Friederike Daugelat (*1976) war 2013-16 Direktorin des Gustav-Lübcke-Museums und ist nun Referatsleiterin in der Kulturabteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Zuvor war sie im Norden tätig und leitete 2007-10 das Bremer Overbeck-Museum.


So leitet diese Ausstellung von Ort zu Ort, wobei jede der Dorfgemeinschaften ihre eigene Geschichte und ihre Eigenheiten besitzt. Übrigens differiert auch das Niveau der Kunst, vereinzelt ist diese nicht frei von Kitsch. Sehr bekannt sind Ahrenshoop, wo Paul Müller-Kaempf eine Malschule gründete, und Hiddensee, wo besonders viele Frauen tätig waren. Auch das ist ein Aspekt der Kolonien: In den Städten als Künstler noch längst nicht anerkannt, sind die Malerinnen hier selbstverständlicher Teil der Künstlergemeinschaft. Abseits aller Hintergründe und Kontexte gibt es im Gustav-Lübcke-Museum dann aber auch einfach spannende, fortschrittliche Bilder zu sehen, etwa den „Herbstgarten“ (1903) von Otto Modersohn oder den „Regenbogen“ (1924) von Rudolf Bartels. – In all das Erfreuliche dieser Ausstellung mischt sich allerdings Bedauern: Erst vor wenigen Jahren als Direktorin und Kuratorin nach Hamm gekommen, hat Friederike Daugelat das Museum jetzt wieder verlassen. Wir hätten gerne mehr Ausstellungen von ihr gesehen.

„Lieblingsorte – Künstlerkolonien“ | bis 21.5. | Gustav-Lübcke-Museum Hamm | 02381 17 57 14

THOMAS HIRSCH

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