Das lateinische „Radiant“ heißt übersetzt „sie strahlen“. Das tun sie auch, die drei Rauminstallationen der gleichnamigen Ausstellung im Lichtkunstzentrum. Der „fortschrittlichsten“ unter seiner Regie, strahlt auch Museumsleiter John Jaspers. Das Ergebnis präsentiert sich audiovisuell: Diesmal steht nicht das Licht allein als künstlerisches Material im Fokus, sondern auch, wie es auf Klänge und Geräusche reagiert. Die beteiligten Künstler(-Teams) arbeiten interdisziplinär mit aktuellsten digitalen Technologien, um atmosphärische Gesamterlebnisse zu erzeugen. Stichwort „immersiv“ – das rustikale Brauereikeller-Ambiente spielt immer mit. Die Abfolge der Werke in den drei verbundenen Kellern des Wechselausstellungstrakts bildet einen Dreiklang: von meditativ über interaktiv zum dynamischen Bildgewitter.
Der lange, schmale erste Raum ist ein entspannender Einstieg. Die kinetische Installation „Signs“ des spanischen Künstler-Duos Playmodes Studio erstreckt sich über die nahezu gesamte rechte Längswand. 48 bewegliche Leuchtstäbe drehen und kippen sich zu variierenden sphärischen Klängen und farbigen Illuminationen in fortwährend neue Anordnungen – von einem Algorithmus gesteuert, der Wiederholungen ausschließt. Das visuelle Wandbild tendiert dabei stets zu Symmetrien. Im sanften Licht-Form-Wechsel kann man abschalten und kommt trotz Sound zur Ruhe.
„Anima“ (2014) im mittleren Raum, die mit pulsierenden Farbschlieren animierte, von der Decke hängende Kugel des Niederländers Nick Verstand, hat die Anmutung eines Planeten von ungewisser Materialität. Die fluide Projektion, die auf Bewegung im Raum reagiert, überzeugt auf Fotos mehr als vor Ort, vielleicht, weil in ihrem Licht die Aufhängung sichtbar ist und die Schwebe-Illusion stört. Oder weil sich Klänge aus den Nachbarräumen einmischen und man kaum wahrnimmt, dass man mit dem Objekt „kommunizieren“, Farben und Töne erzeugen kann.
Den rasanten Schlussakzent setzt in Raum 3 das Medienkunst-Kollektiv Tundra mit einem Feuerwerk aus ornamentalen, geometrischen, figurativen Hologrammen, die 10 hintereinander gereihte Projektoren im Sekundentakt generieren. „Row“ reagiert auf Hintergrundtöne mit flirrenden Bilderketten von enormer Sogkraft. Man mag sich kaum losreißen aus dem Berieselungsgriff dieser faszinierenden visuellen Überraschungen.
Radiant | bis 27.10. | Internationales Zentrum für Lichtkunst, Unna | 02303 103 45 67
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Obwohl wir Energie verbrauchen, strahlen alle Arbeiten Energie aus“
Museumsdirektor John Jaspers über„Energy / Energie“in Unna und Soest – Sammlung 12/23
Leuchtende Herbstnacht
6. Nacht der Lichtkunst im östlichen Ruhrgebiet – Kunst 10/23
Roboter und roten Laser
„Touch the Light“ in Unna – Kunstwandel 08/23
„Der Gedanke an Laserlicht verknüpft sich mit Gefahr“
Margarete Hesse über ihre Installation „Touch the Light“ im Zentrum für Internationale Lichtkunst – Sammlung 07/23
Die Architektur von Licht
Hypersculptures im Zentrum für Internationale Lichtkunst – Kunstwandel 02/23
Viel farbiger Strom im Keller
„Faszination Licht“ im Zentrum für internationale Lichtkunst – kunst & gut 12/21
Glasröhrchen-Diskurs
„Neon Delight“ im Lichtkunstzentrum – Ruhrkunst 07/20
„Neonröhren sind jetzt retro und wieder hip“
John Jaspers über „Neon Delight“ am Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna – Sammlung 03/20
Ein Universum aus Neon
Lichtkunst in Unna – Kunstwandel 01/18
Geschichten, die das Licht erzählt
2. Nacht der Lichtkunst am 25.11. in Lünen, Unna, Bergkamen und anderen Städten – Kunst 11/17
Ein Spiel von Licht und Schatten
Der International Light Art Award in Unna – Ruhrkunst 06/17
Da ist längst Licht
Der International Light Art Award 2017 in Unna – das Besondere 04/17
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24