Das Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna und die Stiftung Konzeptuelle Kunst im Museum Wilhelm Morgner in Soest setzen sich mit energiegeladenen Kunstwerken auseinander. Im Interview spricht John Jaspers, Museumsleitung in Unna, über die Doppelausstellung „Energy / Energie“, die bis Ende Februar an beiden Orten zu sehen ist und ungefähr 50 Arbeiten präsentiert.
trailer: Herr Jaspers, das Lichtkunst Museum in Unna macht eine Doppelausstellung mit der Sammlung Schroth in Soest. Sind die Kellerräume in Unna zu klein geworden?
John Jaspers: Wir brauchen tatsächlich immer mehr Raum und haben Pläne, das Museum zu erweitern. Aber das war nicht der Grund für eine Doppelausstellung. Schon 2012 auf der Art Cologne entstand der Plan von Carl-Jürgen Schroth – er ist der Sammler von der Stiftung Konzeptuelle Kunst – und mir, etwas gemeinsam zu machen. Nun ist es soweit. Eine Ausstellung zum Thema Energie, aber in beiden Häusern mit eigenen Akzenten. Bei uns heißt dieAusstellung „Energy“ und im Raum Schroth im Museum Wilhelm Morgner in Soest heißt sie „Energie“. Mit einem Kombiticket können die Besucher:innen zwischen den beiden Orten hin und her fahren, da die Eurobahn die Zugtickets für die Strecke bereitstellt. Soest ist ja nur 20 Minuten entfernt und eine wunderschöne Stadt.
Und zur Not gibt es ja noch die A44, die auch beide Städte verbindet.
Klar, die Anfahrt mit dem Auto ist auch möglich. Aber die Ausstellungheißt „Energy / Energie“ und angesichts der Energiekrise ist es schon sinnvoll, mit dem Zug zu fahren. Dafür würde ich plädieren.
Sind denn die Museen selbst ausreichend mit Energie versorgt? Das Lichtkunstmuseum benötigt ja viel Energie.
Nein, überhaupt nicht. Das war auch eine Frage letztes Jahr in der Krise. Die Kurator:innen vom Hamburger Bahnhof in Berlin haben die Installation an der Außenfassade von Dan Flavin ausgeschaltet. Aber das ist eher symbolisch und bringt nicht so viel. Wir haben daraufhin recherchiert, wie viel Strom wir im Vergleich zu anderen Museen in Deutschland verbrauchen und herausgefunden, dass wir 40 Mal günstiger als ein durchschnittliches deutsches Museum sind. Das hat damit zu tun, dass die meisten Installationen, die wir hier haben, nur angeschaltet werden, wenn Besucher:innen im Raum sind. Das regeln wir beispielsweise durch Zeitschalter. In einem normalen Museum muss für eine Gemäldesammlung die Temperatur immer konstant sein sowie auch die Luftfeuchtigkeit. Alles Dinge, die bei uns nicht anfallen und uns energieeffizienter machen.
In Unna werden unter dem Titel „Energy“ Kunstwerke gezeigt, die Energie benötigen, diese aber auch gleichzeitig abstrahlen. Was soll das heißen?
Obwohl wir Energie verbrauchen, strahlen alle Arbeiten auch Energie aus. Das geht auf verschiedene Arten und Weisen, zum Beispiel bei der wichtigen Arbeit „π-Rococo ne-only“ von François Morellet die mit Zufall und der Zahl Pi arbeitet. Wir schauen aber nicht nur wortwörtlich nach Energie wie Strom, sondern auch nach Farbkontrasten oder Spannungen zwischen verschiedenen Materialien von Stahl bis zu sehr zerbrechlichem Neon.
Jan van Munster visualisiert mit „Brainwaves“ auch Gehirnströme. Trifft das auch den momentanen Gesellschaftszustand?
Wow, da kommt man auf eine politische Ebene, das ist gefährlich. Ich habe Jan van Munster immer gesagt: „Jan, deine ‚Brainwaves‘ die durch EEGs entstanden sind, die sind wie eine Sprache, die vielleicht einmal wie Morsezeichen entziffert werden können“. In diesem Sinne wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn wir von vielen politischen Entscheidungsträger:innen auch mal die Gehirnströme so lesen könnten. Aber mehr sage ich dazu nicht.
Die Arbeiten in Soest brauchen eigentlich gar kein Strom, oder?
Nein. Und es sind übrigens alles neue Arbeiten, die in Soest von der Stiftung Konzeptuelle Kunst gezeigt werden. Da geht es tatsächlich mehr um Bewegung, wie Materialien sich zueinander verhalten, wie Dinge schwingen oder pendeln. Aber es geht auch um Farben und Farbkontraste. In Soest wird danach gesucht, wie man Kraft so übersetzen könnte.
Die Metallskulpturen von Martin Willing, die erzeugen ja Bewegung durch die Spannung des Materials. Die sind aber kein Perpetuum Mobile, oder?
Nein. Das sind Scheiben, die geschnitten und vorgespannt sind. Durch Berührung werden diese in Bewegung gesetzt und geben so die Vorspannung wieder ab.
Ist diese Doppelausstellung auch ein gelungener Einstieg für Laien in Sachen energetischer Kunst?
Sicher! Es werden insgesamt circa 50 Arbeiten zu sehen sein. Menschen, die noch nicht vertraut sind mit dieser Kunst, werden einen fabelhaften Überblick bekommen, der auch sehr divers und spannend ist. Ich glaube, der Besuch wird sich unglaublich lohnen. Ich verspreche, die Leute werden nicht enttäuscht sein.
Und es braucht keine Vorbildung?
Überhaupt nicht. Und das ist sowieso das Gute an Lichtkunst: Licht spricht uns alle an, weil wir alle abhängig davon sind. Ohne Licht kein Leben. Licht ist auch sehr sinnlich. Licht beeinflusst sogar, wie gut oder schlecht wir uns fühlen.
Energy / Energie | 25.11. - 25.2. | Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna, Stiftung Konzeptuelle Kunst im Museum Wilhelm Morgner in Soest | 02303 10 37 51
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