Eine Künstlerin, die seit einigen Jahren aufmerksame Beachtung und ein respektvolles Raunen hervorruft, ist Vivian Greven. Die 1985 geborene Malerin, die an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat, ist im Ausstellungsgeschehen fest etabliert, obwohl ihrer Malerei in der Entschleunigung, im Statuarischen und Introvertierten mit der Hinwendung zu unscheinbar-ruhigen Emotionen alles Zeitgeistige und die laute Optimierung von Reizen fremd ist. Stattdessen: Stille, Entleerung, Bescheidenheit auch, bei aller differenzierten Schilderung von Sinnlichkeit, von Haut etwa als realer Membran zwischen Innen und Außen. Sie wendet sich dem Unsagbaren zu. Das ausschließliche Sujet ihrer Gemälde ist der Mensch, gegeben oft im Dialog, erfasst in Ausschnitten, die sich auf gegenseitige Blicke und auf Gesten konzentrieren. Zu sehen sind sanfte Berührungen, Umarmungen, einander zugeneigte Häupter, eingehüllt in einen lichthell nuancierten Raum, während die Figuren selbst als plastische, Schatten werfende Silhouetten wie in Makellosigkeit abstrahiert sind und idealtypisch wirken. Diese Bilder wirken mehr wie Erinnerungen, Vorstellungen. Schließlich handelt es sich um archetypische Gefühle, die hier noch in Meisterwerken der Kunstgeschichte (den klassizistischen Marmorskulpturen von Canova etwa) gespiegelt sind, welche ihrerseits auf die antike Mythologie rekurrieren.
Andererseits lassen Grevens Bilder an LC-Displays mit ihrem kristallinen Fluidum denken, die als rein artifizielle Oberfläche Vergegenwärtigung von etwas Abwesendem sind. Sie vereinen beides. Mit dem Lichten in der Tiefe, über dem in der klaren Konturierung Positiv- und Negativflächen umschlagen, und dem leicht Erhabenen hin zum Relief, das sich über der Fläche wölbt, sind Vivian Grevens Bilder wahrhaftig gemalt. Die vielen Schichten Öl- und Acrylfarbe erzeugen eine substanzielle Präsenz, die sich fein über dem Stoffgewebe abzeichnet.
Nun also die neuen Bilder, erstmals überhaupt ausgestellt in der Neuen Galerie Gladbeck. Also etwas abseits vom Schuss und an einem vorzüglichen Ort für zeitgenössische Malerei, dessen Renommee sich unter der Federführung von Gerd Weggel über viele Jahre hinweg ausgebildet hat. Zumal sind in der meditativen Ausstellungshalle die Betrachter für das Diskrete und Persönliche dieser Malerei vorbereitet, das bei allem Allgemeingültigen mitschwingt. Dargestellt sind Mutter und Kind, bezogen auf eine Wassergeburt. Die Darstellungen wirken wie unter Schwarzlicht, womit ein vorsichtiger Abstand vorliegt, der die körperliche Erfahrung und die psychische Befindlichkeit vor dem fremden Publikum schützt. Im Zueinander der einzelnen großen Bildtafeln in unterschiedlichem Farbklima stellt sich in der Neuen Galerie eine Erzählung ein, die sich dann im Lesezimmer fortsetzt und das innige Verhältnis von Mutter und Baby im Eins-Sein nach der Trennung vertieft. Dazu und im sehr sorgfältig sparsamen Arrangement in den beiden Ausstellungsräumen arbeitet Vivian Greven mit Symbolen. Sie transzendiert Zuneigung, Liebe und deren reale Erfahrung: Ihre Arbeit am Ausdruck von Gefühlen nimmt hier eine neue, sehr intensive Wendung.
Vivian Greven – Water | bis 19.3. | Neue Galerie Gladbeck | 02043 319 83 71
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