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Probt die „Revolte“: der Kabarettist Robert Griess
Foto: Agentur

Aufstand auf dem Kinderspielplatz

30. Mai 2012

Robert Griess und Hagen Rether wissen, worum es im Leben geht - Komikzentrum 06/12

Dieser Stapper ist 'ne Nummer: echter Asi-Adel. Erfunden hat ihn der Kölner Kabarettist Robert Griess, der mit seinem Programm „Revolte – Eine Anleitung für die Mittelschicht“ am 3. Juni im Bochumer Bahnhof Langendreer Station macht, um den Leuten auch außerhalb seiner Heimatstadt zu zeigen, wo der Hammer hängt. Auch zur Befriedung aufgeregter Gemüter hat Griess einige prima Ideen. Windräder in Deutschland könnten nicht nur ökologisch sinnvoll sein, sondern auch der Seelenhygiene dienen, so man sie mit Managern und Politikern schmückte. Auf diese Weise hätten die Herrschaften endlich einmal Gelegenheit, nach Herzenslust abzuhängen und die Seele baumeln zu lassen. Für den politischen Kabarettisten fängt der Aufstand des kleinen Mannes auf dem Kinderspielplatz an, dort, wo ein gewisser Herr Stapper mit Herrn Schober zusammentrifft, um die gesellschaftlichen Konventionen neu zu definieren. Selbst der Bankräuber sei nicht mehr das, was er einmal war. Er betrete nicht mehr mit der Knarre in der Hand den Laden, sondern hat sich bei dem Institut anstellen lassen, um schnell und unkompliziert an die Kohle der Kunden zu kommen. Der Unterschichtsrepräsentant Stapper hat jedenfalls den Durchblick. Sein Hobby heißt „Reiche-Leute-Ärgern“. Wobei die „herrschende Klasse“ eher zur bürgerlichen Mittelschicht zählt und sich aus Akademikern rekrutiert, die in Bioläden einkaufen. Stapper selbst fährt ein Klimakillerauto, das auf den Namen der Mutter angemeldet ist, die im Altersheim lebt. Als Hartz IV-Empfänger ist er permanent knapp bei Kasse. Seine beiden Kinder Jenny-Shakira und Kevin-Fernando gieren nach Markenprodukten, seine ihm angetraute Gattin Kim-Lydia ist ein „Super Schuss: lila Leggings, so eng, dass es dir den Atem verschlägt“. Griess darf ganz er selbst bleiben: ein Kabarettist, der dem Volk aufs Maul schaut.

Wer wissen will, worum es im Leben geht, ist auch bei Hagen Rether goldrichtig: Der Kabarettist rückt die Dinge ins rechte Licht, staubt in Seelenruhe den Flügel ab und seufzt „dass Mielke das nicht mehr erleben darf.“ Die Facebook-Gemeinde mache inzwischen die Arbeit der Stasi – gründlich und freiwillig. „Liebe“ heißt das Programm des Kabarettisten seit bald neun Jahren – wobei er den Inhalt laufend aktualisiert, neu ordnet und zusammensetzt. Skandalöse Zustände gibt es schließlich genug. Davon kann man sich höchstpersönlich bei seinem Auftritt im Bochumer Schauspielhaus am 7. Juni überzeugen. Wenn irgendjemand die Kunst des dialektischen Denkens beherrscht, dann der in Essen lebende Kabarettist. Mit sanfter Stimme und nonchalantem Gestus zerlegt er fein säuberlich die von den Medien aufgespießten Aufreger, legt das Gerede von rechter und linker Moral als Großvaterkategorien bloß und seziert genüsslich die Sündenbock-Mentalität am Beispiel von Oskar Lafontaine und Heiner Geißler. Ob Watschenmann oder Held des Tages: Rether dröselt die Wechselwirkung von politischem Alltag und medialer Vermarktung auf – und schält auf diese Weise deren absurde Seiten heraus. Zum Vorschein kommt dabei die brachiale Komik des Daseins, über die man sich totlachen könnte, wenn es nicht zum Heulen wäre. Anders gesagt: alles Banane!

Am Ende noch ein wichtiger Hinweis: Ende des Monats, genauer: am 28.6., startet im Dortmunder Spiegelzelt am U RuhrHOCHdeutsch, ein bis zum 13. Oktober dauerndes Festival, in dessen Verlauf die tollsten Leute zu Gast sein werden. Darauf freut sich heute schon Ihre stets über Tage lebende

ANNE NÜME

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