„Face-Book“ ist ein Musikstück vom Regisseur Otto Beatus, das es in sich hat. Die vier Frauen auf der Bühne geben alles – egal ob sie einen Song der Beatles oder Lady Gagas interpretieren. In all ihren Liedern steckt Einsamkeit, Melancholie und misslingender Alltag. Was sie suchen sind Identität und Individualität, I wish I was special. Doch wie stellt man das an, in einer Welt, in der Kommunikation fast nur über das Internet stattfindet, in der man unter vielen Freunden doch keinen hat, der einen gern hat, wie man nun einmal ist. Die Beziehungen bleiben notwendigerweise oberflächlich.
Der Gesang der Frauen wird von einer Live-Band unterstützt. Nebenbei werden Botschaften an die Wand projiziert, wie man sie wohl auch auf jeder beliebigen Internet-Plattform finden kann. Selbstmordgedanken, Partnergesuche, oder einfach der pure Blödsinn. Aber auch ernstzunehmende und wohl das ganze Stück treffende Sätze wie: „Ich sein ist echt schwierig“ oder „Sein heißt in der Klemme sein“ sind dort zu lesen.
Die Kostüme der Darstellerinnen wechseln dabei ständig, sind sie gerade noch im Abendkleid zusehen gewesen, haben sie jetzt schon einen Schlafanzug an. Ihr gesamter Körper ist auf beeindruckende Weise ins Spiel einbezogen, so sind sie alle beschriftet mit den Worten: „You know too much“.
Immer wieder tauchen Barbiepuppen auf, ob im Kinderspiel singend: „I don’t want to grow up“ oder als Bankräuberfantasie auf der Leinwand. Am Ende des Stückes vermischen sich darüber Realität und Fiktion: Der erbeutete Mini-Geldkoffer fällt als realer, gewöhnlich großer Koffer von der Bühnendecke. Das Stück ist aus.
Bei allem Unterhaltungswert des Abends ist eine Intention nicht deutlich erkennbar. Sicher, die Welt des Internets ist anonym, sie kann einsam machen, melancholisch. Sie kann den Eindruck vermitteln, man sei nicht allein, man hätte viele Freunde; dies alles zeigt das Stück sehr wohl, aber die Kritik daran bleibt auf der Strecke. Darüber hinaus ist die Inszenierung mit zwei Stunden eindeutig zu lang – einige Kürzungen hätten dem Ganzen gut getan.
"Face-Book“ von Otto Beatus I R: Otto Beatus I Theater Oberhausen (Malersaal)
So 5.6. 18 Uhr I 0208 857 81 84
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Nichts hinter dem Spiegel
„Alice“ im Oberhausener Malersaal – Theater Ruhr 11/15
Drama einer Party
„Gier und Bescheidenheit“ im Oberhausener Malersaal – Theater Ruhr 07/15
Schneckenzeiten
„Die Schnecke von Oberhausen“ im Malersaal - Theater Ruhr 06/12
„Ich möchte, dass viele gute Dinge in meinem Brötchen drin sind“
Dirk Laucke macht aus seiner Performance „Angst und Abscheu in der BRD“ einen politischen Theaterabend – Premiere 11/11
Stimmen, die ich hörte
„Die Geister von Amnaş“ am Theater Oberhausen - Theater Ruhr 05/11
„Hörsinn im Theater unterschätzt“
Bernhard Mikeska mit Lothar Kittsteins „Die Geister von Amnaş“ am Theater Oberhausen - Premiere 04/11
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 01/25
Brautkleid aus reinster Haut
„Subcutis“ in Mülheim a. d. Ruhr und Köln – Theater Ruhr 01/24
Trance durch Kunst
Die Reihe Rausch 2 in Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 11/23
Brecht im Discounter
„Der gute Mensch von Sezuan“ am Grillo-Theater in Essen – Theater Ruhr 10/23
Bretter der Kulturindustrie
„Das Kapital: Das Musical“ im Schauspiel Dortmund – Theater Ruhr 10/23
Siehst du, das ist das Leben
„Der erste fiese Typ“ in Bochum – Theater Ruhr 06/23
Der gefährliche Riss in der Psyche
„Die tonight, live forever oder das Prinzip Nosferatu“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 04/22
Unberührbare Souveränität
Frank Wedekinds „Lulu“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Theater Ruhr 03/20
Totenmesse fürs Malochertum
„After Work“ in den Bochumer Kammerspielen – Theater Ruhr 02/20
Gespenstisches Raunen
Die Performance „Geister“ am Schauspielhaus Bochum – Theater Ruhr 02/20
Drei wilde C´s im Schnee
„After Midnight“ im Essener Grillo – Theater Ruhr 02/20
Von Büchern überschüttet
„Sokrates der Überlebende / Wie die Blätter“ in Mülheim – Theater Ruhr 02/20
Tragödie mit Diskokugel
Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“ in Oberhausen – Theater Ruhr 01/20
Ein hochemotionaler Spiegel
Khaled Hasseinis „Drachenläufer“ in Castrop-Rauxel – Theater Ruhr 01/20
Donna Quichotta der Best Ager
„Linda“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Theater Ruhr 01/20
Spiegelei, Toast und Tier
„Das Reich der Tiere“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 12/19
Heute geht es auch ohne Brandbeschleuniger
„Biedermann und die Brandstifter“ in Essen – Theater Ruhr 11/19
Desinfiziert und doch tot
„Die Pest“ in Moers – Theater Ruhr 11/19
Wenn Datenberge erodiert sind
„Identität“ in Dortmund – Theater Ruhr 11/19