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„Alice“
Foto: Béatrice Król

Nichts hinter dem Spiegel

29. Oktober 2015

„Alice“ im Oberhausener Malersaal – Theater Ruhr 11/15

Mach mir das Kaninchen. Drei Schauspieler in weißen Stretch-Schlauch gequetscht stehen also vor dem Mikrophon. Ganz vorn Moritz Peschke, er macht die Pfötchen, direkt dahinter Angela Falkenhan und Lise Wolle, sie sind der Finger-Schnurrbart und die lange Arm-Ohren. Ach ja, das Kaninchen leuchtet. Wer jetzt noch nicht weiß, worum es geht, muss sich nicht sorgen, im Oberhausener Malersaal steht „Alice“ auf dem Programm, eine große theatralische Choreografie von der jungen Regisseurin Juliane Kann nach Lewis Carrol. Ein Wunderland gibt es für das kleine Mädchen nicht, und auch keine Ich-Identität. Alle drei Protagonisten heißen Alice und sind Alice und natürlich auch die restlichen Bewohner dieser eigentlich nicht existenten Unterwelt. Irgendwie erinnert die Bühne an die Zwischenwelt in der „Matrix“. Gegenstände sind vorhanden, Personen auch, aber irgendwie fehlt ein nachweislicher Bezug zur Realität. Klar, so ist sich Alice im Wunderland natürlich auch vorgekommen. Aber da gab es ja wenigstens was zum Anfassen.

Es geht los. Die drei Homunkuli, die sich wie das kleine Mädchen nennen werden, performen erst einmal das Knäuel, wälzen sich über die Bühne, verknoten, entwirren, schälen sich aus ihren Schläuchen, erhalten Gesichter und – sprechen. Benennen ihr Tun, setzen verbal die beleuchtete Szenerie im Nichts, Knochen, Haken, Königin, nur was nicht ist, ist möglich, „trink mich“. Ist das Gift? Hinter der Fantasie steht die reale Welt, oder? Hula-Hoop-Reifen bringen Bewegung ins Spiel, sie blinken. Es gibt also einfache Regeln im Spiel. In der Performance, als auch in der Handlung, schließlich muss die Geschichte ja transportiert werden, und da reichen Dialoge zwischen Alice und Alice und Alice nicht aus. „We are all mad here“: Erklären die seltsam verbaselten Leuchtbuchstaben das weiße Kaninchen?

Dann folgt der Garten. Die Choreografie hat sich erschöpft. Essen und Trinken, Groß und Klein. Die dreifache Alice passt sich an, knackt das System. Die Teegesellschaft steht an drei Mikros. Ungeburtstag? Ich weiß nicht mehr. Rückwärts. Applaus. Großes Nichts. Schöner Abend.

„Alice“ | Sa 31.10. 19.30 Uhr, So 15.11. 18 Uhr | Malersaal Oberhausen | 0208 857 81 84

Peter Ortmann

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